Donnerstag, 8. Oktober 2015

Hitler geht immer



Er ist wieder da

Über 2 Millionen verkaufte Bücher sowie Übersetzungen in 41 Sprachen machten aus Timur Vermes Debütroman eines der erfolgreichsten deutschen Prosawerke des neuen Millenniums. Die nun erscheinende Verfilmung von Er ist wieder da erzählt wie seine literarische Vorlage von den Erlebnissen des realen Adolf Hitlers, der im heutigen Berlin auf unerklärlicher Weise erwacht. Vermes schuf damit ein Musterbeispiel für politische und mediale Satire. Schließlich schickt sich Hitler an, mithilfe des Fernsehens erneut die Macht über Deutschland an sich zu reißen. Regisseur David Wnendt legt in seiner Adaption den zentralen Aspekt gleichermaßen auf diese beiden Themen. Dabei gelingt ihm, trotz der im Kern schon völlig abstrusen und zugleich bemerkenswerten Geschichte, eine ebenbürtige Medienschelte. Besonders Hitler im Verlauf des Films als Youtube-Star zu profilieren, steht als gutes Beispiel für das Zusammenwirken beider Gesichtspunkte. Hier wird zum einen deutlich, wie sich auch die neuen Medien auf alles stürzen, das nach Sensation riecht, zum anderen sehen wir, wie Hitler durch wirksame Propaganda auch heute noch begeistern kann. An dieser Stelle sei auch der Mut der Filmemacher hervorgehoben, die sich nicht zu Gunsten einer klassischen Komödie davon abhalten ließen, politisch Position zu beziehen und dem deutschen Volk einen Spiegel vorzuhalten. Von vorn herein macht Er ist wieder da völlig klar, dass der Nährboden für einen weitere Diktatur in der heutigen Zeit problemlos zu finden ist. Doch nicht nur thematisch bleibt der Streifen über seine Laufzeit von 116 Minuten spannend. Mit einem abwechslungsreichen Mix aus Satire und Mockumentary kann Er ist wieder da auch filmisch überzeugen. Dazu sind die auf den ersten Blick uninteressantesten Figuren, Senderchefin Bellini, sowie Produzent Sensenbrink mit Katja Riemann und Christoph Maria Herbst bestens besetzt. Zwei Schauspieler, die ihre gespielten Charaktere stets durch die eigene mediale Omnipräsenz überlagern, als wandelnde Klischees zu casten, hat mir äußerst gut gefallen. Dazu geht der Film noch einen Schritt tiefer in die ohnehin schon stark gestaltete Vermischung aus Realität und Fiktion (von teilweise gezeigten Reaktionen auf Hitlers Wiedererwachen lässt sich nicht sagen, ob diese gestellt oder real sind) als dessen Vorlage, da der Führer wiederum eine Verfilmung eines eigens geschriebenen Buch über seine Erlebnisse 69 Jahre nach seinem eigentlichen Tod in Auftrag gibt. Auch wenn Er ist wieder da im dritten Viertel dramaturgisch schwächelt und sich doch etwas zu lang geraten anfühlt, gelang David Wnendt eine topaktuelle Umsetzung eines brisanten und entlarvenden Stoffes, die ganz nebenbei noch einen grimmig-passenden Kommentar zum Thema Umwelt- und Tierschutz parat hat.

8/10

Für Fans von: Schtonk!, Mein Führer, Heil

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