Sonntag, 11. Oktober 2015

Er schafft es nochmal



Der Marsianer

Die letzten vier Filme des Altmeisters Ridley Scott konnten bei Kritik und Publikum bestenfalls mittelmäßig punkten. Robin Hood, Prometheus, The Counselor und Exodus ließen vieles fehlen, das Meisterwerke des Regisseurs, wie Alien, Blade Runner oder Gladiator ausmachte. Mit nunmehr 77 Jahren lag der Gedanke nicht fern, Scotts Planungen (unter anderem noch mehrere Alien-Sequels zu verwirklichen) könnten ihm über den Kopf gewachsen sein. Dazu verlagerte er die Story seines aktuellen Werkes auf den Mars. Der rote Planet ist seit jeher Kassengift. Disney hatte sich vor drei Jahren mit John Carter erst an dieser Thematik verhoben. Doch aller Unkenrufe zum Trotz ist Der Marsianer ein brillianter Film geworden. Mit Gravity und Interstellar standen schon in den vergangenen beiden Jahren zwei Science-Fiction-Epen im Mittelpunkt der filmischen Aufmerksamkeit. Und so liegt der Schluss nahe, dass Der Marsianer auf dem Erfolg dieser Filme aufbaut. Doch Scott vermeidet die Unzulänglichkeiten beider Streifen (die melodramatische Kopflastigkeit von Interstellar sowie die Zentrierung auf technische Aspekte in Gravity) und schuf stattdessen einen lupenreinen Abenteuerfilm für ein breites Publikum. Als titelgebender Gestrandeter darf Matt Damon mit überraschender Tiefgründigkeit überzeugen. Sein Mark Watney ist durch sein mutiges Handeln und seinen schwarzen Humor die ultimative Identifikationsfigur. Damon begeistert jedoch auch in den leiseren und traurigeren Szenen. Generell kann man den Eindruck gewinnen, der Film könnte seinem enormen Cast nicht gerecht werden. Doch Scott schafft es jeder Figur den nötigen Spielraum zu geben, ohne Der Marsianer unnötig in die Länge zu ziehen. So können wir uns am who-is-who der vergangenen Jahre mit Jessica Chastain, Kate Mara, Chiwetel Ejiofor, Michael Pena und Kirsten Wiig erfreuen, die von den alten Hasen Sean Bean und Jeff Daniels unterstützt werden. Besonders auffallend ist weiterhin die enorme Detailfreude, mit der Der Marsianer daherkommt. Die Set Designer leisteten begeisterungswürdige Arbeit und schufen gemeinsam mit den monumentalen, aber niemals übertrieben künstlichen Bildern von Fluch der Karibik-Kameramann Darius Wolski eine beeindruckende Grundstimmung, die einen Flug zum Mars absolut authentisch im Jahr 2015 verankert. Somit kann jeder Zuschauer während der gesamten 144 Minuten Laufzeit stets Neues entdecken. Der Marsianer ist ein wahrlich witziges und zugleich hochspannendes Weltraumabenteuer, das nie versucht philosophische Exkurse in seinen Handlungsverlauf einzubetten, sondern sich wohltuend auf seine Robinson Crusoe im All-Geschichte konzentriert. Heraus kam ein meisterlich gespielter und gestalteter Film, dem ich nur durch seinen sehr konventionellen Handlungsablauf die Bestnote verweigere.

9/10

Für Fans von: Apollo 13, Gravity, Wall-E

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