The Program – Um jeden Preis
Seit vielen Jahren versuchen
Organisatoren und Teilnehmer des legendärsten Straßenradrennens
der Welt die Tour de France wieder als ernstzunehmenden sportlichen
Wettkampf für die öffentliche Wahrnehmung zurückzugewinnen. An
vorderster Front waren es die Enthüllungen um den siebenfachen
Toursieger Lance Armstrong und dessen Team, die professionellen
Radsport in der medialen Berichterstattung zur Randnotiz werden
ließen und diesen nur in Zusammenhang mit Dopingenthüllungen
betrachteten. Man ist gewillt, sich diesem Eindruck nach Sichtung
von Stephen Frears The Program anzuschließen. Basierend auf dem
Enthüllungsbuch 'Seven Deadly Sins: My Pursuit of Lance Armstrong'
von David Walsh erschuf der Philomena- und The Queen-Regisseur ein
hoch spannendes und brilliant gespieltes, aber etwas uneinheitliches
und wirres Drama. Mit enormem Aufwand und greifbaren Ambitionen
zeichnen die Filmemacher ein Portrait des amerikanischen
Radsportprofis von 1993 bis 2013. Seine Wandlungen und Motivationen
bilden das Zentrum der Geschichte. Glücklicherweise konnte Frears
mit Ben Foster einen ausgezeichneten Charaktermimen als
Hauptdarsteller gewinnen, der diesen undurchsichtigen Sportler in
allen Facetten großartig verkörpert. Der zweite herausragende
Schauspieler des Streifens ist zweifellos Breaking Bad-Star Jesse
Plemons als Armstrongs Rivale Floyd Landis. Besonders in der zweiten
Hälfte des Films sorgt das intensiv gespielte Duell dieser
ehemaligen Verbündeten für eine packende Intensität auf der
Leinwand. Dazu ist Regisseur Frears fast schon krampfhaft um
Kreativität bemüht. Ein großes Aufgebot an Charakteren, viele
Rückblenden, dazu Gegenschnitte und Montagesequenzen bilden den
großen Anspruch der Verantwortlichen heraus, sorgen aber auch für
einen uneinheitlichen Inszenierungsstil, der makabererweise bestens
zur chaotischen Dramaturgie des Films passt. Das zentrale Problem
von The Program ist seine Unentschlossenheit. Dem Zuschauer werden
stetig Richtungswechsel geboten, die den Streifen zwischen Spielfilm
und Dokumentation wechseln lassen. Dies schadet Tempo und Fluss
natürlich immens. Das zweite große Manko geht dann auch damit
einher. Denn zu Beginn von The Program wird Journalist David Walsh
als Hauptfigur eingeführt. Seine Arbeit zur Offenlegung der
Dopingpraxis im Radsport soll Fundament der Geschichte sein. Doch
wie auch der Stil des Films wird David Walsh über weite Strecken
der 104 Minuten Laufzeit ignoriert. Somit verlieren sich Stephen
Frears und The Program irgendwo zwischen Enthüllungsthriller,
Sportdrama und Bio-Pic. Dieser Fakt wiegt umso schwerer, da der Film
die Systematik des Betrugs am Radsport glänzend recherchiert
offenlegt und den Zuschauer zur weiteren Beschäftigung mit der
Thematik anregt.
6/10
Für Fans von: Die Unbestechlichen,
The Armstrong Lie
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