Life
Bis zum heutigen Tage ist sie eine der
meist reproduzierten Fotografien unserer Zeit. James Dean an einem
regnerischen Tag am New Yorker Time Square, den Mantel tief ins
Gesicht gezogen, die Zigarette lässig im Mundwinkel. Dieses Bild
stand und steht für den fast schon übernatürlichen Mythos des
jung verstorbenen Deans und begründete ganz nebenbei die
Weltkarriere des Mannes hinter der Kamera: Dennis Stock. Diesen
beiden grundverschiedenen Charakteren widmet Anton Corbijn nun das
Bio-Pic Life. Eine bessere Wahl für den Regie-Posten hätte es auch
kaum geben können. Der Niederländer Corbijn gehört seinerseits
wiederum zu den größten lebenden Fotografen. Seine Porträts der
Rock- und Popszene aus den neunziger Jahren sind heute selbst
moderne Ikonografien. Corbijn schuf dazu legendäre Albumcover (etwa
von Depeche Mode, U2, Metallica und Herbert Grönemeyer) und darf
sich dazu als Musikvideoregisseur MTV-Award-Gewinner nennen (1994
für Nirvanas Heart Shaped Box). Dies alles gelang ihm noch vor
seiner Karriere als Kinoregisseur, die mit The American und A most
wanted man, zwei von mir hochgeschätzte Werke enthält. So ist es
nicht verwunderlich, und damit sei an dieser Stelle auch eine der
beiden herausragenden Stärken des Films genannt, das Life
phänomenal aussieht. Passenderweise orientiert sich Corbijn noch
stärker als in seinen vorangegangenen Werken an seiner
Vergangenheit als Fotograf und verpasst Life eine beeindruckende
Bildsprache. Zusammen mit einer extrem detaillierten Kostüm- und
Set Designer-Arbeit werden die 1950er Jahre für 111 Minuten
lebendig. Zu diesem Effekt trägt auch die Einbindung
zeitgenössischer Personen wie Kultregisseur Elia Kazan und
Produzentenlegende und Warner Bros.-Gründer Jack L. Warner
(herrlich fies gespielt von Ben Kingsley) bei. Womit wir bei der
zweiten Stärke von Life angekommen wären: Die Hauptdarsteller. In
der erzählten Geschichte beeinflussen sich Dennis Stock und James
Dean gegenseitig zum Aufstieg in den Olymp ihrer jeweiligen
Profession. Mit Dane DeHaan und Robert Pattinson werden beide von
Schauspielern verkörpert, die an eben jener Schwelle stehen.
Natürlich hatte Pattinson mit seiner Hauptrolle in der
Twilight-Saga bereits eine globale Berühmtheit erlangt, jedoch ist
es offensichtlich, dass der Brite nach dieser Rolle einen kompletten
Neustart in Hollywood vornahm, weshalb sein Engagement nicht
geringer einzuschätzen ist. Und dennoch ist es DeHaan, der als
James Dean eben dessen Mimik und Gestik, seine unverständliche
Sprache (dringendst sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, Life in
einer Originalfassung zu sehen) und sein gesamtes unerklärliches
Wesen bestmöglich verkörpert. Deans Charakterisierung fällt
dementsprechend bemüht aus, kann den anhaltenden Hype um ihn jedoch
auch nicht gänzlich durchdringen. Jeder, der an dieser Stelle einen
ergreifenden Film über eine ungewöhnliche Freundschaft erwartet,
sei an dieser Stelle vorsorglich gewarnt. Life ist kein
Mainstream-Werk. Corbijn verweigert sich einer herkömmlichen
Dramaturgie. Die Handlungen seiner Figuren sind oft zufällig, und
verlaufen nicht selten im Sande. Life hat spürbare Längen,
versucht aber erst gar nicht, diese durch reißerische Elemente
auszugleichen. Vielmehr kommt der Film dem Porträtierten James Dean
nahe: Seltsam leer und abwesend, aber dennoch faszinierend.
6/10
Für Fans von: Kill your Darlings,
Saving Mr. Banks
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen