Samstag, 3. Oktober 2015

Drei Ikonen



Life

Bis zum heutigen Tage ist sie eine der meist reproduzierten Fotografien unserer Zeit. James Dean an einem regnerischen Tag am New Yorker Time Square, den Mantel tief ins Gesicht gezogen, die Zigarette lässig im Mundwinkel. Dieses Bild stand und steht für den fast schon übernatürlichen Mythos des jung verstorbenen Deans und begründete ganz nebenbei die Weltkarriere des Mannes hinter der Kamera: Dennis Stock. Diesen beiden grundverschiedenen Charakteren widmet Anton Corbijn nun das Bio-Pic Life. Eine bessere Wahl für den Regie-Posten hätte es auch kaum geben können. Der Niederländer Corbijn gehört seinerseits wiederum zu den größten lebenden Fotografen. Seine Porträts der Rock- und Popszene aus den neunziger Jahren sind heute selbst moderne Ikonografien. Corbijn schuf dazu legendäre Albumcover (etwa von Depeche Mode, U2, Metallica und Herbert Grönemeyer) und darf sich dazu als Musikvideoregisseur MTV-Award-Gewinner nennen (1994 für Nirvanas Heart Shaped Box). Dies alles gelang ihm noch vor seiner Karriere als Kinoregisseur, die mit The American und A most wanted man, zwei von mir hochgeschätzte Werke enthält. So ist es nicht verwunderlich, und damit sei an dieser Stelle auch eine der beiden herausragenden Stärken des Films genannt, das Life phänomenal aussieht. Passenderweise orientiert sich Corbijn noch stärker als in seinen vorangegangenen Werken an seiner Vergangenheit als Fotograf und verpasst Life eine beeindruckende Bildsprache. Zusammen mit einer extrem detaillierten Kostüm- und Set Designer-Arbeit werden die 1950er Jahre für 111 Minuten lebendig. Zu diesem Effekt trägt auch die Einbindung zeitgenössischer Personen wie Kultregisseur Elia Kazan und Produzentenlegende und Warner Bros.-Gründer Jack L. Warner (herrlich fies gespielt von Ben Kingsley) bei. Womit wir bei der zweiten Stärke von Life angekommen wären: Die Hauptdarsteller. In der erzählten Geschichte beeinflussen sich Dennis Stock und James Dean gegenseitig zum Aufstieg in den Olymp ihrer jeweiligen Profession. Mit Dane DeHaan und Robert Pattinson werden beide von Schauspielern verkörpert, die an eben jener Schwelle stehen. Natürlich hatte Pattinson mit seiner Hauptrolle in der Twilight-Saga bereits eine globale Berühmtheit erlangt, jedoch ist es offensichtlich, dass der Brite nach dieser Rolle einen kompletten Neustart in Hollywood vornahm, weshalb sein Engagement nicht geringer einzuschätzen ist. Und dennoch ist es DeHaan, der als James Dean eben dessen Mimik und Gestik, seine unverständliche Sprache (dringendst sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, Life in einer Originalfassung zu sehen) und sein gesamtes unerklärliches Wesen bestmöglich verkörpert. Deans Charakterisierung fällt dementsprechend bemüht aus, kann den anhaltenden Hype um ihn jedoch auch nicht gänzlich durchdringen. Jeder, der an dieser Stelle einen ergreifenden Film über eine ungewöhnliche Freundschaft erwartet, sei an dieser Stelle vorsorglich gewarnt. Life ist kein Mainstream-Werk. Corbijn verweigert sich einer herkömmlichen Dramaturgie. Die Handlungen seiner Figuren sind oft zufällig, und verlaufen nicht selten im Sande. Life hat spürbare Längen, versucht aber erst gar nicht, diese durch reißerische Elemente auszugleichen. Vielmehr kommt der Film dem Porträtierten James Dean nahe: Seltsam leer und abwesend, aber dennoch faszinierend. 

6/10

Für Fans von: Kill your Darlings, Saving Mr. Banks

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