Mittwoch, 16. März 2016

Spartakus Wiedergeburt



Trumbo

In den späten 1940er Jahren begann das Komitee für unamerikanische Umtriebe (HUAC) verstärkt sein Augenmerk auf die Ausmerzung vermeintlich kommunistischen Gedankengutes in Hollywood zu konzentrieren. Berühmtester Vorsitzender des HUAC war der spätere US-Präsident Richard Nixon, während Leinwandlegende John Wayne und Nixons Nachfolger und damaliger Kollege Waynes, Ronald Reagan in dessen Dunstkreis für stramm patriotische Propaganda sorgten. Ironischerweise wurde so die „Goldene Ära Hollywoods“ in den Fünfzigern auch zu dessen geschichtlichen Schandfleck. Als Drehbuchautor Dalton Trumbo, der tatsächlich Mitglied der Kommunistischen Partei der USA war, vor dem HUAC aussagen sollte, verweigerte er jegliches Statement, wurde mit einer Gefängnisstrafe belegt, fand seinen Namen auf der berüchtigten Schwarzen Liste wieder und war berühmtestes Mitglied der legendären Hollywood Ten. Dessen Geschichte erzählt nun Komödienspezialist Jay Roach (Austin Powers, Meine Frau, ihre Eltern und ich) in einem unterhaltsamen und brilliant besetzten Bio-Pic. Der große Reiz in Trumbo ist definitiv die Wiederauferstehung einer ganzen Epoche. Dies zeigt sich nicht nur wie gewöhnlich in Ausstattung und Kostümen (die in diesem Film ebenfalls für einen authentischen Look sorgen) sondern vielmehr in der Darstellung von Hollywoods Leben an sich. Mit vielen eingeschobenen Wochenschau-Ausschnitten, die Roach teilweise übernahm, teilweise neu drehte und teilweise nur teilweise veränderte, entsteht ein fast greifbarer Realismus auf der Kinoleinwand. Dazu umgab sich Dalton Trumbo zeitlebens berufsbedingt mit internationalen Berühmtheiten, von denen viele im Film auftreten. Michael Stuhlbarg (Boardwalk Empire, A serious man) darf den klassischen Gangsterdarsteller Edward G. Robinson mimen, David James Elliot (JAG, Mad Men) den bereits angesprochenen John Wayne. Besonders in Erinnerung bleiben allerdings der Neuseeländer Dean O'Gorman (Hobbit-Trilogie) als Kirk Douglas und der deutsche Hollywood-Export Christian Berkel als österreichischer Kult-Regisseur Otto Preminger, die gemeinsam mit John Goodman als B- Movie-Produzent Frank King die illustre Nebendarsteller-Riege dominieren. Kenntnis über die genannten Hollywood-Größen wird das cinephile Publikum zusätzlich unterhalten. Über allen Dingen steht jedoch Bryon Cranston. Der Breaking Bad-Star verkörpert Dalton Trumbo mit formvollendeter Schrulligkeit, als von inneren Kämpfen geplagter Zweifler, der sich krampfhaft gegen das Dasein als Opportunist wehren möchte. Die Oscarnominierung war meiner Meinung nach völlig gerechtfertigt. Ein Film über einen Drehbuchautor sollte natürlich auch mit einem guten Skript aufwarten. Mit diesem kann Trumbo auch dienen. Verfasser John McNamara serviert uns in seiner ersten Kino-Vorlage nach dem Buch Dalton Trumbo von Bruce Cook 124 Minuten geschliffene Dialoge, jede Menge Wortwitz und stetige Übersicht über sein vielfältiges Ensemble. Der große Stolperstein auf dem Weg zu einem wirklich außergewöhnlichen Film ist allerdings Roachs Inszenierung. Diese kommt schrecklich brav und ohne Nachwirkung daher. Der erzählerische Rahmen von 23 Jahren Filmgeschichte wird nicht ausgereizt, abwechslungsreich montiert, oder durch verschiedene zeitliche Erzählebenen zusätzlich spannender gestaltet, sondern nur unaufgeregt, chronologisch abgefilmt. So verdankt es Trumbo seinem großartigen Cast und dem tollen Skript, ein dennoch überdurchschnittlich guter Film geworden zu sein. 

8/10

Für Fans von: Hail, Caesar, Sunset Boulevard, Good Night and Good Luck

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