Trumbo
In den späten 1940er Jahren begann
das Komitee für unamerikanische Umtriebe (HUAC) verstärkt sein
Augenmerk auf die Ausmerzung vermeintlich kommunistischen
Gedankengutes in Hollywood zu konzentrieren. Berühmtester
Vorsitzender des HUAC war der spätere US-Präsident Richard Nixon,
während Leinwandlegende John Wayne und Nixons Nachfolger und
damaliger Kollege Waynes, Ronald Reagan in dessen Dunstkreis für
stramm patriotische Propaganda sorgten. Ironischerweise wurde so
die „Goldene Ära Hollywoods“ in den Fünfzigern auch zu dessen
geschichtlichen Schandfleck. Als Drehbuchautor Dalton Trumbo, der
tatsächlich Mitglied der Kommunistischen Partei der USA war, vor
dem HUAC aussagen sollte, verweigerte er jegliches Statement, wurde
mit einer Gefängnisstrafe belegt, fand seinen Namen auf der
berüchtigten Schwarzen Liste wieder und war berühmtestes Mitglied
der legendären Hollywood Ten. Dessen Geschichte erzählt nun
Komödienspezialist Jay Roach (Austin Powers, Meine Frau, ihre Eltern
und ich) in einem unterhaltsamen und brilliant besetzten Bio-Pic.
Der große Reiz in Trumbo ist definitiv die Wiederauferstehung einer
ganzen Epoche. Dies zeigt sich nicht nur wie gewöhnlich in
Ausstattung und Kostümen (die in diesem Film ebenfalls für einen
authentischen Look sorgen) sondern vielmehr in der Darstellung von
Hollywoods Leben an sich. Mit vielen eingeschobenen
Wochenschau-Ausschnitten, die Roach teilweise übernahm, teilweise
neu drehte und teilweise nur teilweise veränderte, entsteht ein fast
greifbarer Realismus auf der Kinoleinwand. Dazu umgab sich Dalton
Trumbo zeitlebens berufsbedingt mit internationalen Berühmtheiten,
von denen viele im Film auftreten. Michael Stuhlbarg (Boardwalk
Empire, A serious man) darf den klassischen Gangsterdarsteller Edward
G. Robinson mimen, David James Elliot (JAG, Mad Men) den bereits
angesprochenen John Wayne. Besonders in Erinnerung bleiben
allerdings der Neuseeländer Dean O'Gorman (Hobbit-Trilogie) als
Kirk Douglas und der deutsche Hollywood-Export Christian Berkel als
österreichischer Kult-Regisseur Otto Preminger, die gemeinsam mit
John Goodman als B- Movie-Produzent Frank King die illustre
Nebendarsteller-Riege dominieren. Kenntnis über die genannten
Hollywood-Größen wird das cinephile Publikum zusätzlich
unterhalten. Über allen Dingen steht jedoch Bryon Cranston. Der
Breaking Bad-Star verkörpert Dalton Trumbo mit formvollendeter
Schrulligkeit, als von inneren Kämpfen geplagter Zweifler, der sich
krampfhaft gegen das Dasein als Opportunist wehren möchte. Die
Oscarnominierung war meiner Meinung nach völlig gerechtfertigt. Ein
Film über einen Drehbuchautor sollte natürlich auch mit einem
guten Skript aufwarten. Mit diesem kann Trumbo auch dienen.
Verfasser John McNamara serviert uns in seiner ersten Kino-Vorlage
nach dem Buch Dalton Trumbo von Bruce Cook 124 Minuten geschliffene
Dialoge, jede Menge Wortwitz und stetige Übersicht über sein
vielfältiges Ensemble. Der große Stolperstein auf dem Weg zu einem
wirklich außergewöhnlichen Film ist allerdings Roachs Inszenierung.
Diese kommt schrecklich brav und ohne Nachwirkung daher. Der
erzählerische Rahmen von 23 Jahren Filmgeschichte wird nicht
ausgereizt, abwechslungsreich montiert, oder durch verschiedene
zeitliche Erzählebenen zusätzlich spannender gestaltet, sondern
nur unaufgeregt, chronologisch abgefilmt. So verdankt es Trumbo
seinem großartigen Cast und dem tollen Skript, ein dennoch
überdurchschnittlich guter Film geworden zu sein.
8/10
Für Fans von: Hail, Caesar, Sunset
Boulevard, Good Night and Good Luck
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen