Samstag, 19. März 2016

Damit war nicht zu rechnen



Lolo – Drei ist einer zu viel

Julie Delpy ist zweifellos eine der vielseitigsten Filmschaffenden unserer Zeit. Die Pariserin besitzt neben der französischen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft und drehte in ihrer über 30jährigen Karriere bereits mit Hochkarätern wie Jean-Luc Godard, Krzysztof Kieslowski, Mika Kaurismäki, Jim Jarmusch, Volker Schlöndorff und Richard Linklater. Seit 2002 ist Delpy auch als Regisseurin aktiv, konnte ihren ersten Langfilm Zwei Tage Paris auf dem Festival in Cannes präsentieren und wurde als Drehbuchautorin unter anderem für Before Midnight mit Preisen regelrecht überhäuft. Ihr neustes Werk Lolo siedelte sie in ihrer Pariser Heimat an und vertraute auf eine komplett französische Crew. Delpy übernimmt in dieser Komödie selbst die Hauptrolle und kann sich an ihrer Seite auf den französischen Superstar Dany Boon (Willkommen bei den Sch'tis, Der Superhypochonder) verlassen. Beide geben das frisch verliebtes Paar Violette und Jean-Renè, bestehend aus dem einfachen aber gutherzigen Informatiker und der hippen, aber neurotischen Modedesignerin, deren Beziehung sukzessive von Violettes Sohn Lolo sabotiert wird. Der Film beginnt als heitere Rom-Com mit solidem Cast, die zwar trotz einiger Ungenauigkeiten (die Modeexpertin ist nicht in der Lage ein Kleid auszusuchen) und ganzen vier sonnendurchfluteten Parallelmontagen zu witziger oder romantischer Musik in den ersten 30 Minuten durchaus gefällt. Delpy und Boon sind viel zu erfahren, um ein durchschnittliches Drehbuch nicht noch aufwerten zu können. Doch meiner Meinung nach verliert der Streifen mit Lolos zunehmender Präsenz an Format. Die Charakterisierung der Mutter-Kind-Beziehung ist äußerst einfältig gestaltet, dazu geht die Mischung aus romantischer Komödie und Ödipus- Komplex-Drama nicht auf. Lolo bleibt ein beliebiger Antagonist ohne echten Antrieb, dem gegenüber der Zuschauer nicht nur die gewollte Verachtung, sondern schlichte Ignoranz aufbringt. So werden Komödienfans besonders von der bösartigen zweiten Hälfte des Films nicht begeistert sein, Freunde anspruchsvoller Familienschicksale wird der humoristische, platte Grundton des Films abschrecken. So ist Lolo trotz eines Cameo-Auftritts von Karl Lagerfeld eher eine Enttäuschung im Oeuvre Julie Delpys, auch wenn die Schauspieler überzeugen und der Streifen das Herz definitiv am rechten Fleck hat.

5/10

Für Fans von: Der Vater meiner besten Freundin

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