Freitag, 1. April 2016

Sie sind keine Schande




Eddie the Eagle

Die Olympischen Winterspiele 1988 in Calgary brachten viele Helden und Legenden hervor. Katharina Witt wurde zur dominierenden Eiskunstläuferin ihrer Generation, das jamaikanische Viererbob-Team sorgte für Aufmerksamkeit (ebenfalls verfilmt in Cool Runnings aus 1993) und der „Fliegende Finne“ Matti Nykänen gewann sämtliche Skisprungwettkämpfe. In eben dieser Sportart fand sich aber unter den Olympioniken die wohl außergewöhnlichste und schillerndste Persönlichkeit, die Winterspiele jemals an die Oberfläche brachten. Michael Edwards, genannt Eddie, konnte sich als erster Brite seit 1924 für die Skisprung-Wettbewerbe qualifizieren. Seine ergreifende Lebensgeschichte, die der gelernte Maurer stets mit dem Ziel formulierte Olympionike zu werden, erzählt nun Eddie the Eagle. Edwards war schon wegen seiner körperlichen Erscheinung nur bedingt zum Sportler geboren. Er kämpfte in seiner Jugend mit extremer Weitsichtigkeit, Übergewicht und kaputten Knien. So wurde sein unbeholfenes Auftreten ebenfalls zum Markenzeichen. Mit Taron Egerton fand man schließlich einen Hauptdarsteller, der trotz scheinbar entgegengesetzter Körperlichkeit einen großartigen Michael Edwards abgibt. Jede typische Bewegung und seltsame Mimik sitzt, der sportlich gebaute Kingsman-Darsteller ist kaum wiederzuerkennen und verschwindet komplett hinter seiner Filmfigur. In der zweiten Hauptrolle kann Hugh Jackman als Eddies Trainer Peary Bronson überzeugen. Der Australier gibt mit all seiner Routine und Starpower zusammen mit Egerton ein hervorragendes Gespann ab. Die meisten weiteren Figuren hingegen kranken leider an einem sehr durchschnittlichen Skript. Sowohl Edwards Eltern, als auch die konkurrierenden Skispringer, die Eddie für eine Beleidigung ihres Sports halten, sind ähnlich den britischen Olympia-Verantwortlichen sehr klischeebehaftet und eindimensional gezeichnet wurden. Eddie the Eagle schmückt sich als klassisches Bio-Pic natürlich mit dem Siegel 'based on a true story'. Doch die Filmemacher (unter anderem mit Kingsman-Regisseur Matthew Vaughn als ausführendem Produzenten) rund um den Briten Dexter Fletcher nehmen sich doch einige künstlerische Freiheiten, um das Geschehen auf der Leinwand zu dramatisieren. Vor allem Hugh Jackmans Figur und dessen Hintergrundgeschichte, die dramaturgisch einen hohen Stellenwert im Film einnimmt, sind frei erfunden. Auch die resolute Herbergsmutter Petra kann nur dem Gehirn eines Drehbuchschreibers entsprungen sein. Immerhin bieten diese beiden Beispiele Möglichkeiten für nette Cast-Aufwertungen. So konnte das Studio Babelsberg, das gleichzeitig als Produktionsfirma, sowie als Drehort für Eddie the Eagle fungierte, Iris Berben mit der größten weiblichen Rolle besetzen, während Christopher Walken einen Cameo-Auftritt in der Nebenstory um Peary Bronson hat. Dazu darf auch die englische Schauspiellegende Jim Broadbent noch einen Gastauftritt absolvieren. Das größte Plus von Eddie the Eagle ist jedoch zweifellos die Stimmung, die dieser Film verbreitet. Nie wurde der olympische Gedanke wirksamer auf Zelluloid gebannt, selten wurde der Begriff des Feel-Good-Movies so sehr mit Wahrhaftigkeit gefüllt. Denn auch wenn man am Ende der 105 Minuten Laufzeit weiß, dass Eddie the Eagle Potential für einen wirklich außerordentlich großartigen Film gehabt hätte, so fühlt man sich ob der Lebensgeschichte von Michael Edwards einfach nur gut. 

7/10

Für Fans von: Cool Runnings, Billy Elliot – I will Dance, Rocky

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