Fritz Lang
Zum Ende der
1920er Jahre steckte der deutsch-österreichische Meisterregisseur
Fritz Lang in einer Schaffenskrise. Nach den aufreibenden
Dreharbeiten zu Frau im Mond und seinem Klassiker Metropolis war er
phantastischen Stoffen überdrüssig, dazu begeisterte der
aufkommende Tonfilm mit seinen Sing- und Tanzdarbietungen auf der
großen Leinwand die Massen. Zu Beginn lehnte Lang diese Art des
Filmemachens noch ab, doch die Produzenten der Ufa forderten ein
neues Drehbuch, um Lang auch als Tonfilmregisseur zu etablieren.
Dass Lang auch durch große private Schwierigkeiten mit seiner Frau
und Autorin Thea von Harbou litt, verkomplizierte die Sache noch
zusehends. Die Filmhistorie allerdings weiß: 1931 erschien Langs
erster Tonfilm. Das Meisterwerk M – Eine Stadt sucht einen Mörder
gilt bis heute als herausragender Kriminalstreifen und vorbildliche
Auslotung des neuen akustischen Filmmediums. Gordian Mauggs Fritz
Lang beleuchtet nun den Weg, den der gebürtige Wiener auf der Suche
nach einem neuen Filmstoff zurücklegte. Dabei offenbart sich dem
Zuschauer ein äußerst vielfältiges Werk. Maugg zeigt uns hier kein
typisches Bio- Pic. Vielmehr entwickelt sich ein interessanter Sog
aus der Mischung verschiedener inhaltlicher und technischer Aspekte.
Fritz Lang wurde in klassischem 4:3-Format gedreht und kommt in
typisch expressionistisch-schwammigem schwarz-weiß daher. Dazu webt
Maugg immer wieder Aufnahmen realer Wochenschau- und
Dokumentationsfilme, sowie Ausschnitte aus den Filmen Langs in das
Geschehen ein. Berlin und Düsseldorf als Handlungsorte kommen
extrem düster daher. Fritz Lang fängt somit optisch die
Schattenseiten der goldenen 20er ein. Doch auch inhaltlich bleibt
der Film dieser dunklen Art treu. Der Exzentriker Lang wird als
getriebener Drogenabhängiger mit Vorliebe für Prostituierte
gezeigt. Dazu integriert Maugg geschickt die Kontroverse um den Tod
von Langs erster Frau Elisabeth Rosenthal in das Geschehen. Langs
Charakter bleibt somit letzten Endes genauso rätselhaft wie viele
seiner Taten. Vielschichtig beleuchtet gelang der Werdegang des
Regisseurs zum paranoiden Besessenen dennoch. Mit zunehmender
Spieldauer rücken die Recherchen des Regisseurs über die
sogenannte Düsseldorfer Bestie in den Vordergrund, die die
Grundlage für den späteren M – Eine Stadt sucht einen Mörder
bilden sollten. Im Zwiegespräch mit dem inhaftierten Serienkiller
Peter Kürten offenbart sich eine tiefe und abstoßende Faszination
Langs für dessen Taten, die ihn noch weiter vom Publikum entrückt.
Trotz dieser emotionalen Unwägbarkeiten bleibt die Darstellung Langs
durch die tolle Arbeit von Heino Ferch stets beeindruckend. Der
Charakterkopf vermittelt die cholerischen sowie stoischen Momente
des Protagonisten gleichsam glaubhaft. Abschließend ist Fritz Lang
definitiv ein Film für ein cinephiles Publikum geworden. Die
Auseinandersetzung mit der Handlungsepoche sollte dem Kinobesuch in
Grundzügen vorausgehen. Wer sich auf Fritz Lang einlässt bekommt
dann auch ein eigentümlich faszinierendes Kinoessay aus Psychogramm
eines innerlich Getriebenen und experimentellem Gesellschaftsporträt
der Weimarer Republik zwischen den Nachwehen der
Weltwirtschaftskrise und dem Aufflammen der NS-Zeit geboten
7/10
Für Fans von:
M – Eine Stadt sucht einen Mörder, Aviator
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