A war
Das kleine
Land Dänemark spielt seit jeher eine erstaunlich große Rolle im
internationalen Kino. Regisseure wie Bille August, Lars von Trier,
Nicolas Winding Refn und Susanne Bier sind längst jenseits des
großen Teiches erfolgreich, während der ersten Ausbreitung der
Filmkunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Dänemark sogar als
Kinomittelpunkt der Welt bezeichnet. So verwundert es nicht, dass
dänische Beiträge regelmäßig ein fester Bestandteil der
oscarnominierten Streifen für den besten nicht-englischsprachigen
Film sind. Dies war auch 2016 der Fall. A war konnte sich zwar nicht
gegen den favorisierten Son of Saul aus Ungarn durchsetzen, sorgte
mit seinem außergewöhnlichen Stil aber für viel Gesprächsstoff.
A war porträtiert den Kriegseinsatz der dänischen Armee im
Afghanistan- Krieg. Am Beispiel des Offiziers Claus Pedersen stellt
der Film die großen Fragen nach Schuld und Verantwortung in einem
ziellosen, chaotischen Konflikt. Wer sich dabei einen reißerischen
Militärthriller amerikanischen Prägung erhofft, wird von A war
jedoch enttäuscht werden. Regisseur Tobias Lindholm mischt vielmehr
Kriegsfilm und Arthousekino. Denn der Einsatz am Hindukusch ist nur
eine von vielen Ebenen, in der A war die Auswirkungen des Krieges
auf eine Gesellschaft untersucht. Parallel dazu sehen wir die Leiden
der Familie Pedersen, die in Form von Mutter und drei Kindern ihren
Alltag mit der ständigen Angst um das Leben des Vaters bzw. Mannes
zu bewältigen sucht. Dieser Aspekt kommt vor allem in der Frage
nach richtigen Entscheidungen am Ende des knapp zweistündigen Films
zum Tragen, während die Nebenhandlung um Maria Pedersen und ihre
Kinder den Zuschauer im größten Teil des Films doch leider
regelmäßig aus dem Geschehen wirft. Denn das fast dokumentarisch
gefilmte Schicksal der Soldaten im Einsatz gibt A war die
eigentliche innere Spannung, die den Film trägt. Der
Afghanistan-Krieg ist dafür nur als Schablone zu sehen. Lindholm
verzichtet auf jegliche örtliche und zeitliche Einordnung, jeder
bewaffnete Konflikt könnte in jedem Land und zu jeder Zeit Pate für
die Ereignisse stehen. Weiterhin gibt es im gesamten Film nur wenige
Augenblicke, die von Musik untermalt werden. Die Kameraführung ist
extrem kompakt, durch den intensiven Einsatz der over-the-shoulder
Perspektiven fühlt sich der Zuschauer ständig als Teil des
Geschehens. Dazu sorgt die minimalistische Ausstattung des Streifens
für ein zusätzlich fremdes und beklemmendes Gefühl, das sich
besonders in den beängstigend realistisch gefilmten Actionsequenzen
frustrierend niederschlägt. Diese bewusste Auslassung und
Verdichtung auf inhaltlicher und visueller Ebene stellt den
seelischen Zustand des Soldaten in den Mittelpunkt des Geschehens.
Da A war jegliche Bewertung des Geschehens vermeidet, überlässt er
dem Zuschauer den Umgang mit den eigenen Emotionen selbst. Nicht
jeder wird mit dieser Art des Filmemachens einverstanden sein. Doch
wer gern über den Tellerrand hinaus schaut, belohnt sich hier mit
einem eindrücklichen Drama über die psyschichen Auswirkungen des
Krieges und die Stellung des Soldaten in der Zivilbevölkerung, dem
es lediglich etwas an Konstanz und Timing mangelt.
7/10
Für Fans von:
Zero Dark Thirty
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