Montag, 29. Februar 2016

Oscarrückblick

Oscarrückblick

Die Gewinner:


Bester Film: "Spotlight
 
Darsteller: Leonardo DiCaprio, "The Revenant"
 
Darstellerin: Brie Larson, "Raum"
 
Nebendarsteller: Mark Rylance, "Bridge of Spies"
 
Nebendarstellerin: Alicia Vikander, "The Danish Girl"
Regie: Alejandro González Iñárritu, "The Revenant"
 
Originaldrehbuch: Josh Singer und Tom McCarthy, "Spotlight"  
Adaptiertes Drehbuch: Charles Randolph und Adam McKay, "The Big Short"
Animationsfilm: "Alles steht Kopf"
Fremdsprachiger Film: "Son of Saul", Ungarn
 
Kamera: Emmanuel Lubezki, "The Revenant"
 
Schnitt: Margaret Sixel, "Mad Max: Fury Road"  
Ausstattung: Colin Gibson und Lisa Thompson, "Mad Max: Fury Road"  
Kostüme: Jenny Beavan, "Mad Max: Fury Road"  
Makeup und Hairstyling: Lesley Vanderwalt, Elka Wardega und Damian Martin, "Mad Max: Fury 
Road"  
Musik: Ennio Morricone, "The Hateful 8"
 
Filmsong: "Writing's on the Wall" von Sam Smith und James Napier, "Spectre"
 
Ton: Chris Jenkins, Gregg Rudloff und Ben Osmo, "Mad Max: Fury Road"  
Tonschnitt: Mark A. Mangini und David White, "Mad Max: Fury Road"  
Visuelle Effekte: Andrew Whitehurst, Paul Norris, Mark Williams Ardington und Sara Bennett, "Ex Machina"  
Dokumentarfilm: "Amy"
 

Kurz-Dokumentation: "A Girl in the River: The Price of Forgiveness"  
Animations-Kurzfilm: "Bear Story" (Chile)
 

Kurzfilm: "Stutterer"


Die 88. Academy Awards wurden vergeben. Leo hat seinen Oscar, Spotlight ist bester Film geworden und die Show war unterhaltsam wie lang nicht mehr und politisch wie nie.


Viel wurde um die Rolle von Chris Rock als Moderator der Zeremonie gerätselt. Er widerstand jedoch der Versuchung, den Kollegen Will Smith und Spike Lee zu folgen und die Oscars zu boykottieren. Stattdessen nutzte er die Gunst der Stunde um kräftig gegen den weißen Altherrenclub namens Academy auszuteilen. Rock sprach beißend und einfühlsam, witzig und wahrhaftig und appellierte am Ende an die Verantwortlichen in Hollywood, allen Schwarzen mehr Chancen einzuräumen. Der Vergleich der Rollen, die DiCaprio Jahr für Jahr angeboten bekommt mit denen, die schwarze Oscargewinner wie Forest Whitaker oder Jamie Foxx heute spielen, traf den Kern der #oscarssowhite-Thematik präzise. Rock ließ auch während sämtlicher anderer Moderationen nicht locker. Zwei Einspieler seien an dieser Stelle diesbezüglich genannt. Zum ersten wurden Schlüsselszenen der nominierten Filme mit schwarzen Comedians wie Whoopi Goldberg nachgespielt, zum anderen wurde ein Interview aus Compton, dem titelgebenden Vorort Los Angeles' für den von der Academy übergangenen Straight outta Compton gezeigt, in dem deutlich wurde, dass die vorwiegend schwarze Bevölkerung selbstverständlich genau diesen Streifen sah, aber keinen der acht als besten Film nominierten. Der Nachhall im Dolby Theatre und den sozialen Medien war gewaltig. Kaum erwähnenswert, dass Straight outta Compton seine einzige Oscarnominierung nicht in einen Preis umwandeln konnte. Gleiches gilt auch für Creed.


Doch Diversität im allgemeinen war der Schwerpunkt des Abends. Alejandro Gonzales Innaritu rief in seiner Dankesrede für einen besseren Umgang mit amerikanischen Ureinwohnern und Menschen nichtweißer Hautfarbe im Ganzen auf („make sure for once and forever that the color of the skin become as irrelevant as the length of our hair.”), Spotlight-Prouzent Micheal Sugar forderte den Vatikan öffentlich mit Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche umzugehen und Leonardo DiCaprio appellierte in seiner Dankesrede an die Führer dieser Welt den Klimawandel endlich global anzuerkennen und als größtes Problem der Menschheit zu bekämpfen. Passend dazu trat im laufe der Show der amerikanische Vizepräsident Joe Biden auf die Bühne, um für die Regierungsinitiative It's on us zu werben und Lady Gaga anzusagen, die als Schirmherrin der Kampagne gegen sexuellen Missbrauch an amerikanischen Schulen und Universitäten fungiert und zugleich ihren oscarnominierten Song Til it happens to you zum besten gab, der thematisch in die gleiche Kerbe schlug. Diese Performance, während der Gaga mit dutzenden Missbrauchsopfern auf der Bühne stand, war der emotionale Höhepunkt der vierstündigen Show und wurde mit Standing Ovations und massenweise Tränen gefeiert.



Zwei andere nominierte Songs sorgten allerdings für Unstimmigkeiten. Dem transsexuellen Engländer Anhoni wurde keine Einladung ausgesprochen sein Stück Manta Ray aus dem Film Racing Extinction live zu performen. Dem späteren Gewinner Sam Smith (Writing's on the wall aus Spectre) wurde diese Ehre zwar zuteil, seine Dankesrede sorgte allerdings für einen Eklat, da Smith sich als erster offen Homosexueller Oscargewinner bezeichnete. Um diesen klaren Fehler zu erkennen, hätte der Brite nur in seiner eigenen Kategorie stöbern müssen. Elton John gewann bereits 1995 für Can you feel the love tonight (König der Löwen), Glen Hansard 2008 für Falling Slowly (Once) einen Oscar für den besten Song. Beide sind offen homosexuell. In diesem Zusammenhang wirkte dann auch Smith' Ansprachen zur Stärkung der LGBT-Gemeinde unpassend.



Presie wurden auch noch vergeben. Der Gewinner des Abends mit 6 Oscars war klar Mad Max: Fury Road. Die sogenannten großen Preise machten allerdings andere unter sich aus. Die Gewinner in den Schauspielkategorien, für beste Regie und die Drehbücher bargen allesamt keine große Überraschung. Lediglich Mark Rylance als bester Nebendarsteller war rund um Sylvester Stallones Buzz etwas ins Hintertreffen geraten, erhielt den Preis aber ebenso verdient. Mit Spotlight und The Revenant die beiden einflussreichsten Werke der Saison als beste Filme bzw. am besten gedrehte Filme auszuzeichnen, halte ich für eine gerechte Entscheidung. Ein emotionaler Höhepunkt war der erste Oscar für den legendärsten lebenden Filmkomponisten Ennio Morricone im Alter von 88 Jahren. Die größte Überraschung des Abends war allerdings der Triumph von Ex Machina in der Kategorie beste visuelle Effekte. Auch wenn der Streifen deutlich mehr Aufmerksamkeit seitens der Academy verdient gehabt hätte, so ist dieser Oscar ein wichtiges Zeichen für klein budgetierte Independent-Filme und mehr als verdient.



Hinsichtlich der weiten Streuung der Preise (wie im vergangenen Jahr wurden 16 verschiedene Filme ausgezeichnet) und der angestoßenen Debatte, die den Begriff der Diversität in den nächsten Jahrzehnten in Hollywood hoffentlich mit Inhalt füllen wird, verdient die 88. Oscarverleihung die abschließenden Worte, mit denen Michael Keaton auf die Bühne stürmte, um sich als Ensemblechef für Spotlight feiern zu lassen:



Fuck Yeah!

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