Donnerstag, 18. Februar 2016

Legionen für den Film



Hail, Caesar

Die 50er gelten gemeinhin als die goldene Ära Hollywoods. Joel und Ethan Coen, die 2016 zum zweiten Mal die Berlinale eröffnen, verneigen sich in Hail, Caesar gleichermaßen vor dieser Blütezeit der großen Studios, wie sie sie auch genüsslich durch den Kakao ziehen. Einen Handlungsabriss dieses Films zu geben, gestaltet sich deutlich schwieriger, als es beispielsweise dessen Trailer glauben machen möchte. Im großen Ganzen folgt der Zuschauer dem klassischen Hollywood-Fixer Eddie Mannix, der die Scherben hinter betrunkenen Superstars, schwangeren Tänzerinnen, gierigen Klatschreportern und begriffsstutzigen Westernhelden zugunsten der (fiktiven) Capitol Records aufräumen muss. Die Welt der Studios, in die Hail, Caesar eintaucht, ist der beste Grund für jeden Filmfan, diesen Streifen zu sehen. Die Coen-Brüder inszenieren mehrere kleine Filme im Film, die allesamt direkt aus den 50ern stammen könnten. So sehen wir die Arbeit hinter den Kulissen zu einem großen Sandalen-Epos (der titelgebende Hail, Caesar), einem überdrehten Musical, einem aufgesetzten Gesellschaftsdrama und einem romantischen Western. Kostüme, Musik und vor allem Szenenbild sind purer Genuss für alle Sinne. Besonders die Bilder, die Kamera-Genie Roger Deakins auf klassischem 35mm-Film einfängt, sind viel mehr als bloße, abgefilmte Szenen. Die Kameraarbeit hilft dem Zuschauer durch perfekt getimte Perspektivwechsel und nuancierte Lichtsetzung stets den Überblick durch den rauschhaften Ablauf der Handlungsstränge zu behalten. Dies funktioniert, im Gegensatz zur inhaltlichen Ebene, bestens. Denn dort kann selbst ein famoser Josh Brolin den erzählerischen Wust der Coens nicht bändigen. Würde der Kalifornier nicht derart überzeugen, käme Hail, Caesar einer reinen Sketchrevue nahe. Die zahlreichen Neben-, Unter- und Zusatzhandlungen bleiben zwar immer greifbar, bilden aber keine erzählerische Einheit. Hier wirkt dann auch das Tempo des Films, trotz knapper 106 Minuten Laufzeit, uneben. Glücklicherweise kann sich der Kinogänger in jeder einzelnen Minute am großartigen Ensemble in Hail, Caesar erfreuen. Neben dem bereits erwähnten Josh Brolin blieben mir besonders George Clooney, der einen etwas überforderten und hölzern agierenden Schauspieler gibt und Nachwuchstalent Alden Ehrenreich als beliebter Sänger und Reitgenie, der jedoch nicht in der Lage ist unfallfrei zu sprechen, in Erinnerung. Dazu konnten die Coen-Brüder ihren Einfluss im realen Hollywood gelten machen und besetzten auch die kleinste Nebenrolle mit Akteuren wie Tilda Swinton, Jonah Hill, Scarlett Johannson, Ralph Fiennes, Frances McDormand und Channing Tatum. Wer genau hinsieht, kann auch Christopher „Highlander“ Lambert und Boardwalk Empire-Star Jack Huston durchs Bild laufen sehen. Hail, Caesar wird schlussendlich im Œuvre der Coens keinen großen Stellenwert einnehmen können. Ihren wahrlich witzigen und überdrehten Ansatz konnten sie in diesem Film nicht in Gänze bändigen, weshalb sich der Zuschauer „nur“ über ein buntes Potpourri der guten Laune freuen kann.

8/10

Für Fans von: Grand Budapest Hotel, Die Hollywood-Verschwörung



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