Sonntag, 21. Februar 2016

Whiskey und rote Haare



Brooklyn

Irland in den 1950er Jahren. Verstocktheit, aufgesetzte Etikette und traditionelle Familienwerte prägen das karge Leben in den ländlichen Gebieten der Grünen Insel. Die beschwerliche Reise über den Atlantik in die Vereinigten Staaten ist seit vielen Jahrzehnten Hoffnung und zugleich Dilemma des Teils der irischen Bevölkerung, der sich dem vorgegebenen Dasein nicht mehr beugen möchte. Eine junge Dame, Eilis Lacey, entscheidet sich nun ebenfalls für diesen Schritt, der für sie trotz der aussichtsreichen Zukunft mit starken Schuldgefühlen, ob ihrer zurückgelassenen Familie, einhergeht. Brooklyn konzentriert sich in seinen 113 Minuten Laufzeit ganz detailliert auf den Werdegang der schüchternen Eilis. Regisseur John Crowley (Boy A, True Detective) konnte mit Saoirse Ronan für diese Herausforderung die perfekte Besetzung finden. Die Irin (im Alter von 12 Jahren bereits oscarnominiert für Abbitte) schultert den gesamten Film, alle in ihm enthaltenen Emotionen und verkörpert glaubwürdig den Wandel der scheuen Immigrantin zur lebensfrohen Großstadtfrau. Der titelgebende New Yorker Stadtteil wird dabei, wie der gesamte Film auch, in herrlichsten, farbenfrohen und lebensbejahenden Hochglanzbildern eingefangen. Aufbruch und Chancenvielfalt scheint aus allen Poren des Streifens zu strömen. Doch Brooklyn ist keinesfalls eine Abrechnung mit dem rückständigen, irischen Inselleben. Die innere Zerrissenheit und das erdrückende Heimweh sorgen für die zentralen emotionalen Konflikte der Hauptfigur und des gesamten Films. Dabei gehören die Szenen auf der Überfahrt nach Amerika zu den Stärksten in Brooklyn, wenn sich die schier endlose Entfernung zwischen den Kontinenten und ihre metaphorische Entsprechung in Eilis' Herzen wortwörtlich Bahn brechen. Das Drehbuch, für das sich Kultschriftsteller Nick Hornby verantwortlich zeigt, interessiert sich dann auch weniger für die vielen Nebencharaktere, die ehrlich gesagt auch nicht übermäßig innovativ daherkommen. Liebevolle Verehrer auf beiden Kontinenten, strenge und fürsorgliche ältere Damen und vorlaute Kinder sorgen nicht für eine spannende Personenkonstellation. Doch glücklicherweise lässt Crowley seinen Film nie uninteressant oder langweilig werden. Eine tolle Ausstattung, der optimistische Score und wahre Gefühle sorgen in diesem Auswandererdrama für sinnlichen Kinogenuss.

8/10

Für Fans von: Die Asche meiner Mutter, Can a song save your life, Der Pate 2



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