Freitag, 12. Februar 2016

Chimichanga!



Deadpool

Seit 2004 kämpft Ryan Reynolds bereits um die filmische Umsetzung der legendären Deadpool-Comics. Im Schatten der X-Men-Reihe hat sich der spätpubertierende, dauerfluchende Antiheld eine treue Fanbase erarbeitet, an die sich dieser Film nun auch vorrangig richtet. Das irrsinnig witzige Spiel mit Zitaten, Seitenhieben und ernstgemeinten Referenzen an die aktuelle Comicverfilmungswelle und die Popkultur des 21. Jahrhunderts sowie Angriffen auf den guten Geschmack im allgemeinen bedarf zum vollständigen Genießen eines hohen Vorwissens um diese Themen. Fans der glattgebügelten Avengers- Streifen werden hier genüsslich vor den Kopf gestoßen. Der nicht jugendfreien Comicvorlage wird ausgiebig gehuldigt, die abnorme Einstellung des Protagonisten genüsslich zelebriert. Deadpool erzählt dabei die Origin-Story des rot maskierten Superhelden. Der ehemalige Elitesoldat Wade Wilson wird nach einer Krebserkrankung den sadistischen Mutationsplänen eines psychopathischen Mediziners unterworfen, die ihm zwar außergewöhnliche Kräfte geben, allerdings auch den Wunsch nach Vergeltung wecken. Zusätzlich werben die X-Man unnachgiebig um den entstellten Rächer. Die eigentliche Handlung dient mehr als Pflichterfüllung, denn als ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Schicksal eines Mutanten. Deadpool selbst sagt im Film dann folgerichtig (er durchbricht fortwährend die vierte Wand), er bekämpft seinen Gegner, weil er eben böse ist. Und eigentlich ist alles eine Liebesgeschichte. Und tatsächlich: neben dem anzüglichen Humor, der ironischen Übersexualisierung und der rohen Gewalt funktioniert die Lovestory zwischen Wilson und der ehemaligen Prostituierten Vanessa noch am besten. Dies ist vor allem Hauptdarsteller Reynolds selbst zu verdanken, der unter anderem mit Ed Skrein (Transporter: Refueled) und Nachwuchsdarstellerin Brianna Hildebrand (ihr Charakter trägt den phänomenalen Namen Negasonic Teenage Warhead) einen spielfreudigen und überzeugenden Cast um sich schert. Jedoch mangelt es Deadpool mit fortlaufender Spielzeit an einem guten Passing. Für einen Superheldenfilm muten lediglich zwei Actionszenen dann doch etwas arg zurückgenommen an (das Finale erinnert dann zusätzlich böse an die klassischen Marvel-Endschlachten, die Deadpool eigentlich persifliert), dazu werden einige Szenen, wie eben jenes Finale, oder die schmerzvolle Mutation, zu arg ausgereizt, sodass die eigentlich knackige Laufzeit von 108 Minuten durchaus noch hätte reduziert werden können. Dem sichtbaren Spaß, den das Team um Newcomer-Regisseur Tim Miller beim Dreh hatte, mindert das glücklicherweise nicht. Somit entfaltet Deadpool deutlich mehr Wirkung als wahrgewordener, feuchter Traum von Comic-Nerds, denn als großes cineastisches Werk. Die bereits angedachte Fortsetzung ist trotzdem eine tolle Idee, da der freche Bastard von einem Film endlich frischen Wind in das so bierernste Sammelsurium der Marvel- und DC-Streifen bringt.

7/10

Für Fans von: Kick-Ass, Kingsman – The Secret Service, Watchmen

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