Freitag, 17. Juli 2015

Teeniesterben 2.0







Unknown User

Durch seine ungewöhnliche Prämisse hat sich Unknown User (sinnigerweise eine „Übersetzung“ des Originaltitels Unfriended) zu einem heiß erwarteten Horrorthriller gemausert. Denn mit minimalem Aufwand inszeniert der georgische Regisseur Levan Gabriadse seinen ersten englischsprachigen Film auf einer einzigen Desktopfläche. Die Handlung erschließt sich dem Zuschauer nur durch all das, was die Highschoolschülerin Blaire Lily im Internet sieht. So bekommen es sie und ihre fünf in einem Skypechat miteinander verbundene Freunde mit einer geheimnisvollen Reinkarnation ihrer ehemaligen Mitschülerin Laura Barns zu tun, die vor genau einem Jahr durch Mobbing in den Selbstmord getrieben wurde. Alle Beteiligten haben jedoch große Geheimnisse zu verbergen, die der Unbekannte geschickt gegen die Teenager einsetzt. Bald fließt Blut. Die Ausgangssituation ist mit Abstand das Interessanteste an Unknown User. Der enorm verengte Blick auf den Bildschirm steht in einem krassen Gegensatz zur schier unendlichen Welt des Internets, die wir ausführlich präsentiert bekommen. Als Kinogänger gibt es viele Chatverläufe und Hintergrundrecherchen zu lesen (die Übertragung des Geschriebenen ins Deutsche ist sehr ordentlich gelungen), das Tempo bleibt glücklicherweise hoch, Leerlauf kommt nicht auf. Die perfiden Spiele, die der unsichtbare Rächer mit seinen Opfer treibt, sind ein wesentlicher Bestandteil dessen; und obgleich die Regeln des Films äußerst einfach gehalten sind, ist der Ausgang dieser Spiele stets ungewiss. An einigen Stellen ist Unknown User dann allerdings auch recht vorhersehbar. Wenn uns zu Beginn des Films alle Beteiligten vorgestellt werden, wird schnell klar, wie jeder im Laufe des Films ins Gras beißen wird. Zu offensichtlich werden Gegenstände und Waffen scheinbar zufällig ins Geschehen integriert. Generell zählt die Figurenzeichnung nicht zu den Stärken des Films. Alle Charaktere werden als ziemlich unsympathisch dargestellt, dazu kann Gabriadse nicht auf Klischees verzichten. Natürlich haben die Freunde einen Computerspezialisten unter sich, der dazu noch ein übergewichtiger Kiffer ist. Folgerichtig kann sich auch keiner der Schauspieler nachhaltig in den Vordergrund spielen. Dazu ist Unknown User gerade dann am schwächsten, wenn er seinen eng gesteckten Rahmen verlässt und versucht ein Stück von großen Found-Footage-Kuchen abzubekommen, in dem er seine Protagonisten mit dem Laptop in der Hand mysteriöse Spaziergänge unternehmen lässt. Diese vorauszuahnenden Kniffe mindern die Spannung, Schockeffekte werden dann nur noch über unerträgliche Jump-Scares transportiert. Glücklicherweise geschieht dies nicht übermäßig oft. Und auch wenn uns der Film ein überraschend offenes Ende präsentiert, über dessen Nutzen jeder selbst entscheiden sollte, fällt es schwer, den im Ansatz guten Unknown User dauerhaft im Gedächtnis zu behalten.

5/10

Für Fans von: Open Window, Paranormal Activity

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