Donnerstag, 26. Februar 2015

Im Fadenkreuz von Clint Eastwood







American Sniper

Bereits vor dem deutschen Kinostart war American Sniper Clint Eastwoods erfolgreichster Film. Für einen Mann, der in den 60er Jahren das Westerngenre (Dollar-Trilogie) und in den 70ern den Cop-Film (Dirty Harry) revolutionierte, ist dies schon mehr als bemerkenswert, zumal der 84jährige American Sniper als sein Herzensprojekt bezeichnete. Doch in Die Geschichte des Scharfschützen Chris Kyle (so der offizielle deutsche Nebentitel des Films) fehlt es nicht nur an Herz. Es sei den Betrachtungen vorangestellt, dass sich American Sniper in Gänze an ein US-Amerikanisches Publikum richtet. Die Berichterstattung in den Vereinigten Staaten war dementsprechend auch eine sehr emotional geführte, in den sich Gegner und Befürworter des Streifens wechselseitig Kriegstreiberei, beziehungsweise fehlenden Patriotismus vorwarfen. Den politischen Aspekt möchte ich daher ausklammern. Doch kein noch so guter Wille kann die eklatanten Schwächen in puncto Drehbuch, Dramaturgie und Figurenzeichnung begradigen, die uns Eastwood hier auftischt. American Sniper mangelt es an vorderster Front an einer spannenden Story. Chris Kyle wird in diesem Film für ganze vier Einsätze in den Irakkrieg geschickt, um sein blutiges Handwerk zu verüben. Alle diese Missionen werden chronologisch abgearbeitet, den Szenen im heimatlichen Texas entgegengestellt. Und doch verweigert uns American Sniper einen Spannungsbogen. Für die Darstellung der Unwägbarkeiten, die ein Soldat nach der Heimkehr zu erleiden hat, ist diese mehrfache Wiederholung besonders störend (man denke nur an den genialen Schlussakkord in The Hurt Locker, in dem in wenigen Momenten das emotional zerstörte Innenleben eines Veteranen offenbart wurde), für den Filmverlauf selbst natürlich vor allem ermüdend. Die stattlichen 132 Minuten gestalten sich dementsprechend zäh. Weiterhin stört die heldenhafte Überhöhung des Protagonisten. Da sich Eastwood Chris Kyles selbstgeschriebene Biografie als Drehbuchvorlage nahm, ist dies zwar nicht verwunderlich (reine Lügen und maßlose Übertreibungen sind bewiesen), doch nicht weniger ärgerlich. Dazu gibt es die unvermeidbaren Sequenzen über die unmenschliche Navy Seals-Ausbildung, die sprücheklopfenden Soldaten und Ehrgefühlsappelle zum fremdschämen. Positives gibt es von American Sniper jedoch auch zu vermelden. Technisch ist der Film über jeden Zweifel erhaben. Nicht nur der Oscar für den besten Tonschnitt spricht dafür. Einzelne Szenen sind in sich auch enorm spannend und intensiv, die Gefechte sind bedrückend inszeniert, das allgegenwärtige Sterben eindrucksvoll dargestellt. Dazu spielt Hauptdarsteller Bradley Cooper äußerst überzeugend. Seine Darstellung des Chris Kyle ist sehr zurückgenommen, fast minimalistisch, doch in den entscheidenden Momenten dennoch aussagekräftig und berührend. Insgesamt eine wirklich erwachsene Performance eines zwielichtigen Mannes in einem unterdurchschnittlichen Film.

4/10 


Für Fans von: Green Zone, Lone Survivor

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