Freitag, 20. Februar 2015

Im Takt bleiben







Whiplash

Die Frage, wie weit man gehen würde, um seine Ziele zu erreichen, welche Grenzen man überschreiten möchte, ist im Kino nicht neu. Doch anders als in klassischen Hollywood- Heldengeschichten projiziert Regisseur Damien Chazelle in seinem Drama Whiplash diese Ausgangssituation in eine herkömmliche Lehrer-Schüler-Beziehung und schafft somit etwas Außergewöhnliches. Als der junge Jazzschlagzeuger Andrew Neiman in die Studioband des gefürchteten Perfektionisten Terence Fletcher aufgenommen wird, beginnt er regelrecht besessen mit Hilfe der Musik um die Anerkennung seines Lehrers zu kämpfen. Doch dieser schreckt vor physischem und psychischem Terror nicht zurück. Whiplash ist zum einen der Titel eines Jazzstandards von Hank Levy, als auch gleichsam beispielsweise mit Peitschenhieb zu übersetzen. Und mit der Intensität eines solchen Schlags trifft Chazelles Remake seines eigenen Kurzfilms auch den Zuschauer. Der enorme Sog, in den Neiman gerät, und der seine Bindungen zu Freunden und Familie beträchtlich leiden lässt, überträgt sich ungebremst auf den Zuschauer. Wie im besten Thriller ist die Spannung gerade zu Nerven zerfetzend. Besonders die intensiv gefilmten Schlagzeug-Sequenzen treiben den Kinogängern den Schweiß auf die Stirn. Großartige Kameraarbeit und vor allem perfekte Schnitttechnik und Montage der Szenen machen aus Whiplash einen wahren Exzess, der noch lange nachwirkt. Einen besonderen Anteil an der Überzeugungskraft des Films gebührt den beiden Hauptdarstellern Miles Teller und J.K. Simmons. Während der Nebendarstelleroscar Simmons schon kaum noch zu nehmen scheint, sollte Teller meiner Meinung nach größere Anerkennung zuteil werden. Seine Darstellung des zunächst schüchternen Jugendlichen zwischen unbedingtem Willen und nackter Panik ist schlicht genial. Im fast kammerspielartigen Psychokrieg, der zwischen Fletcher und Neiman entbrannt, bleibt er der Fixpunkt für den Zuschauer und lässt uns so mitleiden. Nach dem atemberaubenden Finale macht es uns Whiplash außerdem wahrlich schwer, ein abschließendes Urteil über den Film zu bilden. Man ist angehalten, das Gesehene zu reflektieren. Toll, wenn Kino das schafft.

10/10


Für Fans von: Full Metal Jacket, Ray

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