Montag, 2. März 2015

Wo soll's hingehen?







Als wir träumten

In Als wir träumten skizziert Regisseur Andreas Dresen das Schicksal einer Jugendclique im Leipzig der frühen 90er Jahre. Irgendwo zerrissen zwischen zwei Systemen, von denen keines ihrem Freiheitsdrang gerecht wird, sinken sie immer tiefer in einen Strudel aus Enttäuschungen, Perspektivlosigkeiten und schließlich Kriminalität. Besonders interessant ist dabei die Charakterisierung der Elterngeneration der Protagonisten. Deren Vertreter suchen allesamt Hoffnung und Halt in einer neuen, scheinbar grenzenlosen Welt, und schauen doch oft hilflos dabei zu, wie ihre Kinder und Schüler an dieser scheitern. Es sind für alle Beteiligten unbekannte Probleme einer Zeit, die sie zu überfordern scheint und in der sie keine Zugehörigkeit finden. Dresen und sein Drehbuchautor Michael Kohlhaase vermeiden dabei jegliche Schuldzuweisung und sorgen so für eine außenstehende Perspektive, die das Geschehen auf der Leinwand umso trister und schonungsloser erscheinen lässt. Die Messestadt Leipzig steht hierbei stellvertretend für jede Stadt der Neuen Bundesländer nach dem Mauerfall. Das Zeigen von Wahrzeichen oder Stadtpanoramen wird tunlichst vermieden. Als wir träumten wird dabei durch fiebrige Schnitte und aufregende Kameraeinstellungen geprägt. Zusammen mit einem antreibenden Elektrosoundtrack spiegelt die technische Seite des Streifens all das wieder, was sich die Jugendlichen erhoffen. Denn gehofft und geträumt wird viel im Film. Es ist imaginäre Ausflucht aus der grauen Wirklichkeit und gleichzeitig die einzige Möglichkeit, dieser tatsächlich zu entfliehen. Denn jeder hat seine Träume. Ob die große Karriere als Reporter oder der Erfolg als Profiboxer. Auch wenn die Chancen schlecht stehen, den Glauben an sich und ihren Erfolg gibt hier keiner auf. Als wir träumten ist nahezu ausschließlich mit neuen, unverbrauchten Gesichtern besetzt, was einer Millieu- und Zeitstudie natürlich sehr zu Gute kommt. Der Film ist ein gutes Beispiel für modernes und engagiertes deutsches Kino.

8/10

Für Fans von: Wir sind jung, wir sind stark, Trainspotting

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen