Donnerstag, 5. Januar 2017

Der Beziehungskiller




Nocturnal Animals 
 
Tom Fords bislang einzige Regiearbeit – A single man aus 2009 – überzeugte durch großartige Schauspieler und ein präzises Stilempfinden. Letzteres war vom ehemaligen Gucci-Chefdesigner erwartet worden, dennoch war nicht abzusehen gewesen, dass Ford auch als Filmemacher so glänzen würde. Und auch nach seinem zweiten Kinostreifen wird dieser gute Ruf aufrechterhalten bleiben. Nocturnal Animals ist ein herausragend gespielter, verschachtelter und tiefschwarzer Neo-Noir-Thriller. Auf drei Ebenen erzählt uns Ford, der auch als Drehbuchautor fungierte, die Geschichte der unglücklich verheirateten Galeristin Susan, deren erster Ehe mit Autor Edward, sowie als Kernstück des Films den Plot von Edwards neustem Roman Nocturnal Animals, der eine besondere Bedeutung für Susan und das frühere, gemeinsame Leben der beiden zu haben scheint. Es ist besonders jener Teil des Films, der den Zuschauer mitreißt. Die finstere Kriminalgeschichte um einen Doppelmord ist dank der großartigen Performances von Michael Shannon und Aaron Taylor-Johnson (bereits Golden Globe-nominiert) sowie der fehlerlosen Inszenierung das absolute Herzstück in Nocturnal Animals. Die zu Beginn etablierte, erzählerisch zumindest zentrale Storyline kann anfangs hingegen noch wenig begeistern. Tom Ford karikiert hier die mondäne Kunstwelt von Los Angeles. Ob man einem Mann seiner Vorgeschichte solch eine Intention abnimmt, muss wohl jeder Zuschauer selbst beurteilen. Und so vergeht einiges an Zeit, der insgesamt 116 Minuten Lauflänge, ehe sich dem Kinogänger die Tragweite und die Zusammenhänge der drei Teilgeschichten offenlegen. Doch was Nocturnal Animals dann im finalen Akt auffährt, lässt bereits entstandenen Zweifel an der Wirkung des Filmes schnell vergessen. Die unterschwellig ständig brodelnde Spannung wird genial aufgelöst (der Plottwist am Ende ist keinesfalls als trivial zu verstehen), das Drehbuch darf nicht nur als unvorhersehbar und unergründlich, sondern auch als schlüssig bezeichnet werden. Ansonsten möchte ich an dieser Stelle noch die Kameraarbeit des Nordiren Seamus McGarvey (Avengers, The Accountant), sowie Fords Inszenierung, besonders hinsichtlich Farbgebung und Produktionsdesign loben. Amy Adams spielt ihre Hauptrolle natürlich gewohnt fehlerfrei, kommt jedoch nicht an ihre geniale Arbeit in Arrival heran. Zugegeben lassen sich diese beiden Charaktere auch nur schwerlich vergleichen. Als besonderes Schmankerl leistet es sich Tom Ford im übrigen noch, große Namen für kleinste Szenen auf die Leinwand zu holen. So sind Laura Linney, Isla Fisher und Martin Sheen jeweils nur für kurze Momente, aber in einprägsamen Rollen zu sehen. Achtet darauf! Nocturnal Animals wird sicher nur ein ausgewähltes Publikum begeistern können. Dafür werden zu viele Hollywood-Konventionen über Bord geworfen und eine intensive Nachbetrachtung scheint unerlässlich. Mich konnte Tom Ford hingegen begeistern. 

8/10

Für Fans von: Gone Girl, Maps to the Stars

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen