Sonntag, 3. Januar 2016

Der Mopp und das Mädchen








Joy – Alles außer gewöhnlich

Bereits zum dritten Mal versammelt Regisseur David O. Russell sein getreues Schauspielteam rund um Jennifer Lawrence, Robert DeNiro und Bradley Cooper gemeinsam vor der Kamera, um einen Genregrenzen sprengenden Film zu machen. Doch anders als in seinen mit Preisen überhäuften Vorgängern American Hustle und Silver Linings vermag Joy nicht in gleichem Maße zu begeistern. Zu aufgesetzt wirkt die Andersartigkeit, zu chaotisch ist der Handlungsverlauf, zu unausgegoren die Charakterzeichnung. Joy beginnt mit einer Texteinblendung, die besagt, der Film beruhe auf den beeindruckenden Taten mutiger Frauen. Tatsächlich handelt es sich bei Joy um ein Biopic der Erfinderin Joy Mangano, die in den späten achtziger Jahren durch ihren Erfindungsreichtum ihre schwierige soziale Herkunft überwand und zur Home-Shopping-Ikone und Matriarchin aufstieg. Folgerichtig konzentriert sich der Film hauptsächlich auf den Charakter der alleinerziehenden Mutter. Dank der präzisen Leistung von Jennifer Lawrence übertragen sich die Ängste einer jungen Frau, die stets unter ihrem Umfeld zu leiden hat mühelos auf das Publikum. Mit der Figur der Joy und ihrer Darstellung erschöpfen sich jedoch schon nahezu alle positiv hervorzuhebenden Attribute des Films. Der Streifen lässt sich grob gesagt in zwei Hälften einteilen. Während sich die erste Stunde detailliert mit Joys Familie (einem David O. Russell-typischen Panoptikum der menschlichen Extreme) beschäftigt, folgen wir in der verbleibenden Zeit der 124 Minuten Lauflänge Joys Aufstieg als Erfinderin und Werbeikone. Diese Zweiteilung wirkt sich in jeder Hinsicht negativ auf das Kinoerlebnis aus. Die mühsam aufgebauten Figuren aus Hälfte eins verschwinden im Folgenden gänzlich aus dem Blickfeld, Joys Kampf um Anerkennung in der Geschäftswelt geht mit einem vollständig getauschten Cast einher. Personen wie Joys Halbschwester, die als Quasi-Antagonisten präsentiert wird, oder die tiefe Abneigung von Joys Vater gegenüber deren Ex-Mann, lässt der Film zurück, ohne dem Zuschauer eine Auflösung für die Konflikte zu präsentieren. Lediglich der Charakterisierung der Hauptfigur ist es zu verdanken, dass der Zuschauer bei Laune gehalten wird. Unter diesem Missverhältnis haben dann auch Nebendarsteller wie Édgar Ramirez (Zero Dark Thirty, Carlos) oder Isabella Rossellini (Blue Velvet, Wild at Heart) zu leiden, die deutlich zu wenig Leinwandzeit bekommen. Technisch ist der Film solide inszeniert und bietet die typischen Russell-Trademarks wie gewagte Kameraeinstellungen, knallige Ausstattung und einen gitarrenlastigen Soundtrack. Alles in allem hinterlässt Joy durch seine unausgegorene Machart jedoch keine bleibenden Eindrücke beim Zuschauer.

5/10

Für Fans von: Das Streben nach Glück, American Hustle

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