Donnerstag, 7. Januar 2016

Alles Alles doppelt doppelt


Legend

„Dies ist meine Geschichte der Krays“. Nach eigener Aussage des Regisseurs Brain Helgeland wurde ihm bei seiner Recherche für dieses Gangsterdrama so ziemlich jede mögliche und unmögliche Story über die legendären Kray-Zwillinge präsentiert. In London ist deren Vermächtnis bis heute ungebrochen, und obwohl die Brüder über die Hälfte ihres Lebens hinter Gittern verbrachten, gelten sie als die schillerndsten Figuren der britischen Unterwelt in den 60er Jahren. Und so versucht Legend gar nicht erst ein großes Aufsehen um präzise Realitätstreue zu machen. Der Film ist eine satirische Überhöhung, ein fast schon im Comicstil gehaltenes Portrait zweier grundverschiedener Brüder. Folgerichtig nähert sich Helgeland der Legende der Zwillinge dann auch hauptsächlich auf persönlicher Ebene an, während das Business der Gangsterbosse zweitrangig bleibt. Die größte Stärke des Films ist definitiv Tom Hardy, der hier beide Brüder verkörpert. Als kühler Kopf und Mann von Welt gibt er Reginald Kray, der London mit Hilfe des amerikanischen Gangsterbosses Angelo Bruno zum Las Vegas Europas werden lassen wollte. Eindrucksvoller und von längerer Nachwirkung hingegen darf seine Darstellung des gewalttätigen, aufbrausenden und schizophrenen Ronald Kray gelten, der sich die guten alten Gangstertage zurückwünscht, in denen Problem schlicht mit Gewalt aus dem Weg geräumt wurden. Es war zwar zu erwarten, das Hardy eine tolle Performance abliefern würde, er gehört ja nicht ohne Grund zu den Aushängeschildern seiner Generation von Schauspielern, wie er jedoch die Charakteristiken beider Brüder komplett nachvollziehbar und abwechslungsreich auf die Leinwand bannt, ist einfach atemberaubend. Neben dieser Leistung tritt dann auch das restliche Ensemble etwas in den Hintergrund. Allen voran Emily Browning kann als Reginald Krays Ehefrau und Erzählerin des Films nur wenig zur Geschichte beitragen. Die Nebenhandlung um ihre Figur bremst dann den Film in der ohnehin schon schwächeren zweiten Hälfte zusätzlich aus. Am ehesten im Gedächtnis bleiben dann noch David Thewlis (Harry Potter) als Buchmacher und Berater der Zwillinge und Taron Edgerton (Kingsman: The Secret Service) als Ronalds psychopathischer Lover. Optisch ist Legend eine wahre Freude. Mit toller Steadycamarbeit entführt uns der Streifen ins London der Swingin' Sixties. Eine detailgetreue Ausstattung und perfekt nachempfundene Kostüme (Regisseur Helgeland bezog sich bei deren Auswahl unter anderem auf die Legende, nach der Ronald Kray mit einem Foto von Al Capone zu seinem Schneider ging) verbinden sich mit dem elektrifizierenden Soundtrack, der unter anderem Hits der Herman's Hermits, Rod Stewart oder The Righteous Brothers beinhaltet, zu einem echten Fest für alle Sinne. Die morbide Grundstimmung des Films sowie die raren, aber heftigen Gewaltausbrüche sorgen in diesem Zusammenhang dann auch für viel schwarzen Humor. Selbst nach dem 131minütigen Erlebnis, das Legend zweifellos ist, bleibt die Annäherung an die Krays jedoch unvollständig. Zu mannigfaltig wurden ihre Geschichten im Laufe der Jahrzehnte weitergesponnen und verändert, zu sprunghaft ist der Film angelegt, ohne auf einen größeren erzählerischen Bogen zu achten. Wer also auf ein historisch korrektes Bio-Pic aus ist, sollte um Legend einen Bogen machen. Was Helgeland jedoch gut gelingt, ist den kaum greifbaren Mythos der Kray-Zwillinge perfekt ausgestattet auf Zelluloid zu bannen.

7/10

Für Fans von: GoodFellas, Gangster Squad

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