Donnerstag, 10. Dezember 2015

Thor und Poseidon



Im Herzen der See

Im Herzen der See endet mit einem Zitat des amerikanischen Romantikers Nathaniel Hawthorne, in dem er Hermann Melvilles Roman Moby Dick mit Homers Odyssee vergleicht. Ebenso Episches schien auch Regisseur Ron Howard im Sinn zu haben, als er diese freie Adaption des Kultromans drehte. Doch an der breitgefächerten und tiefgründigen Geschichte über das Verhältnis von Mensch und Natur scheitert er größtenteils in dieser Leinwandadaption. Im Herzen der See wird aus der Sicht des jungen Matrosen Thomas Nickerson (Tom Holland, der zukünftige Spiderman) erzählt. In zwei Zeitebenen schildert er seine Abenteuer auf der Essex sowie sein Zusammentreffen mit Hermann Melville, den die Geschichte des Walfängers zu Moby Dick inspirierte. Im Herzen der See beruht zwar offiziell nicht auf Melvilles Buch, sondern auf dem 2000 erschienenen In the Heart of the Sea von Nathaniel Philbrick, trotzdem ist dem Film sein Bemühen um historische Größe stets anzumerken. Auf technischer Ebene funktioniert dies auch ganz vernünftig. Mit spektakulärer Kameraarbeit (Fans von Howards vorangegangenen Film Rush werden die typische Close-Up-Optik wiedererkennen) und hochwertigen Special-Effects ist die Waljagd auf der großen Leinwand unterhaltsam anzuschauen. Dazu machen die Hauptdarsteller Chris Hemsworth, Cillian Murphy und Benjamin Walker ihren Job ordentlich, auch wenn sie nie gegen das schlecht austarierte und überladene Drehbuch ankommen. In der Rahmenhandlung sind dazu die hochdekorierten Akteure Ben Wishaw und Brendan Gleeson in einem simplen Gespräch komplett verschenkt. Wer die Geschichte der Essex kennt, weiß um den zehrenden Überlebenskampf der Besatzung nach dem berüchtigten Walangriff. Auch diesen Part der Geschichte integriert Howard in die 121 Minuten von Im Herzen der See. Doch auch hier zeigt sich, dass der Film versucht, zu Lasten einer intensiven Kinoerfahrung, ein größtmögliches Publikum anzusprechen. Mit der zahmen Inszenierung des Streifens (manche Schnitte schreien geradezu nach dem Wunsch der Produzenten eine FSK 12- Freigabe zu erhalten) funktioniert dieser nicht als Survivalfilm. Für Fans des Originalstoffes bleibt der Mythos des weißen Wals zu schwach beleuchtet. Einige wenige Minuten Screentime für diesen Handlungsstrang machen aus Im Herzen der See noch keine Romanverfilmung. Und zusätzlich ist der Streifen meilenweit von großen Seefahrerdramen wie Master and Commander entfernt, da die Figurenzeichnung des privilegierten Kapitäns und seines ersten Maats aus einfachen Verhältnissen zu platt ist und dieser, eigentlich zentrale, Konflikt nur selten im Fokus steht. Im Herzen der See versucht von allem Etwas zu sein, ist am Ende jedoch leider nur mittelmäßig in jeglicher Hinsicht.

5/10

Für Fans von: Master and Commander, Life of Pi, Der Seewolf

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