Mittwoch, 2. Dezember 2015

Perfekte Benutzerfreundlichkeit



Steve Jobs

Nach dem Tode Steve Jobs am 5. Oktober 2011 fielen Apple-Jünger (die nicht umsonst so heißen) in regelrechte Hysterie. Videos von jungen Mädchen machten die Runde, in denen die Errungenschaften des Kaliforniers gepriesen wurden, wie die Erfindung des Rades. Eine ungeahnte, globale Heiligsprechung nahm ihren Lauf. Zu dieser trug dann auch der misslungene Versuch bei, einen filmischen Kniefall für den Apple-Gründer zu veröffentlichen. Nicht umsonst hatte der Ashton Kutcher-Streifen jOBS das Wort Erfolg im Untertitel. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Steve Jobs und der Person, die dahinter steht, war von solch einem Film nicht zu erwarten. Dies gelingt nun dem nahezu perfekten Steve Jobs. Die ausgeklügelte, hochoktanische und brilliant gefilmte Tour de Force, die uns einer der vielseitigsten Regisseure unserer Zeit, Danny Boyle (Slumdog Millionaire, Trainspotting, 127 Hours, Sunshine) nach dem famosen Drehbuch von Oscargewinner Aaron Sorkin (The Social Network) hier präsentiert, ist eines der besten Bio-Pics aller Zeiten, weil es die angestaubten Abläufe des Genres konsequent unterläuft. Steve Jobs gliedert sich in ein klassischen Dreiakter. Jeweils 40 Minuten lang folgen wir dem Apple-Chef bei den Vorbereitungen auf einer seiner berühmten Produktpräsentationen. 1984 für den ersten Macintosh, 1988 für den Wissenschafts-PC NeXT sowie 1998 für den iMac. Die eigentlichen Vorstellungen sparen Boyle und Sorkin dann konsequenterweise aus. Der Film interessiert sich vielmehr für das fragile Gebilde an mannigfaltigen geschäftlichen wie privaten Verbindungen Jobs. Angeführt von Ausnahmeschauspieler Michael Fassbender, der die Rolle unerklärlicherweise erst nach den Absagen von Leonardo DiCaprio, Matt Damon, Ben Affleck, Bradley Cooper und Christian Bale erhielt, präsentiert uns Steve Jobs einen grandiosen Cast, der sich gegenseitig zu Höchstleistungen antreibt. Gleichermaßen begeistern Kate Winslet als Jobs Pressesprecherin und engste Vertraute, Seth Rogen als Mastermind Steve Wozniak, Jeff Daniels als Apple-Vorstandsvorsitzender John Scully, Michael Stuhlbarg als Softwareentwickler Andy Hertzfeld und Katherin Waterson als Jobs Ex-Freundin und Mutter seiner Tochter Lisa. All diesen Figuren verpasst der Film eine ungeheure emotionale Tiefe, die nur durch Gespräche mit dem allmächtigen Steve Jobs herrühren. Dies ist zuallererst dem atemberaubenden Drehbuch zu verdanken. Aaron Sorkin bombardiert den Zuschauer regelrecht mit seinen ausgefeilten Dialogen. Jedoch wird kein Wort zu viel verloren, kein Handlungsstrang vernachlässigt. Angepeitscht von einem elektrisierenden Score schafft es der Film zudem die maximale Aufmerksamkeit des Kinogängers zu erhaschen, ohne ihn zu überfordern. Gebannt bleibt man an den Figuren und der, durch die Dreiteilung bedingt, enorm kurzweiligen Handlung kleben. Zusätzliche Spannung zieht Steve Jobs aus seiner tollen Inszenierung. Durch abwechslungsreiche Kameraarbeit und ein geübtes Händchen für die Zeit, in der sich die Story soeben befindet, ist der Film ein zusätzliches Fest für das Auge. So drehte Boyle das erste Drittel des Films auf grobkörnigen 16mm Film, die 1988er Passage in breitester 35mm-Pracht, den finalen Part des Werkes in hochauflösendem Digital-Look. In letzen Teil gibt es mit der optisch herausragendsten Szene des Films zusätzlich eine Hommage an Steve Jobs als Mitbegründer der Animationsfabrik Pixar. Kammerspiel und Kinomagie in einem – die meisterliche Dialogschlacht Steve Jobs begeistert in allen Belangen durch beeindruckende Darsteller, ein mitreißendes Drehbuch und technische Perfektion.

9/10

Für Fans von: Birdman, The Social Network



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