Montag, 15. Juni 2015

Kugeln und Krapfen



Die Mafia mordet nur im Sommer

Der Mordanschlag auf die Antimafia-Ermittler Giovanni Falcone und Paolo Borsellino im Jahre 1992 motiviert bis heute Menschen gegen pizzo und einen vermeintlichen Ehrenkodex zu kämpfen. Nicht selten bezahlen sie ihren Einsatz mit dem Leben. Den Höhepunkt des großen Mafiakrieges in und um Palermo in den frühen achtziger Jahren nimmt der sizilianische Fernsehsatiriker Pierfrancesco Diliberto, genannt Pif, in seinem Kinodebüt nun als Ausgangspunkt, um durch eine semibiografische RomCom das Verhältnis der Parlermitaner zur Mafia zu charakterisieren. Pif beschränkt sich in Die Mafia mordet nur im Sommer jedoch nicht nur auf die Arbeit hinter der Kamera, sondern verkörpert auch den Protagonisten und Erzähler Arturo in dessen Zwanzigern. Vorrangig kämpft der 1970 geborene zukünftige Journalist während seiner Kindheit und Jugend um die Anerkennung seiner großen Liebe Flora. Notgedrungen muss er sich mit kindlicher Naivität wiederholt dem allgegenwärtigen, organisierten Verbrechen stellen. So lässt Pif seinen kleinen Helden, der im Film übrigens eine wahnwitzige Begeisterung für den italienischen Langzeitministerpräsidenten Giulio Andreotti entwickelt, die Bekanntschaft des 'Bosses der Bosse', Toto Rìina, sowie des umstrittenen Bürgermeisters Palermos, Salvatore Lima (der sich, wie Andreotti, auch gerichtlich zu Verbindungen zur Mafia äußern musste), machen. Doch es sind vor allem die Gegner der Mafia, wie die großen Vorkämpfer für ein Antimafia- Gesetz Pio la Torre und Carlo Alberto Della Chiesa, sowie der Staatsanwalt Rocco Chinicci, die den jungen Arturo nachhaltig prägen. Ähnlich wie in dieser Kritik fliegen dem geneigten Zuschauer in Die Mafia mordet nur im Sommer zahllose Namen, Daten und Ereignisse um die Ohren. Ein wenig Vorwissen über sizilianische Kultur oder die neuere Geschichte der Insel ist für den beeindruckenderen Part des Films daher von Vorteil. Denn die satirische Verknüpfung der brutalen Geschehnisse auf Palermos Straßen mit einer Kinderbiografie funktioniert ganz hervorragend. Die Liebesgeschichte bildet zwar einen entspannten Gegenpart zum allgegenwärtigen Chaos, ist jedoch verhältnismäßig vorhersehbar. Optisch tobt sich Pif mit allerlei Parallelmontagen, Gegenschnitten und wirkungsvollem Morphing, in dem er die Hauptdarsteller in historisches Bildmaterial von Anschlägen oder Beerdigungen einbindet, gehörig aus. Und so bleibt Die Mafia mordet nur im Sommer eine bitterböse Erkundung sizilianischer Unmöglichkeiten mit erstaunlicher Gagdichte, die jedoch mit der knappen Leinwandzeit von 89 Minuten zu kämpfen hat.  

7/10

Für Fans von: Forrest Gump, Wild Tales

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