Freitag, 14. August 2015

Monogamie ist unrealistisch



Dating Queen

In der Berichterstattung über Dating Queen, die im Vorfeld der Veröffentlichung des Films publiziert wurde, hörte man des Öfteren, Judd Apatows neue Rom-Com sei vordergründig ein Frauenfilm. Durch seine Protagonistin und deren Lebenswandel soll ein Gegenentwurf zum vorherrschenden männlichen Machotypus geschaffen werden, der in sonstigen Filmen dieser Art gern den Glauben an die eine Liebe erlangt. Dieser These möchte ich gern widersprechen. Denn Dating Queen enthält sich jeglicher genderspezifischen Wertung. Das einzige, stets aufkommende Element dieses Streifens, das Geschlechterunterschiede thematisiert – die Arbeit der Hauptfigur in einem Männermagazin – fällt als reine Ironie aus dieser Betrachtung. Amy Schumers Drehbuchdebüt behandelt schlicht Menschen und deren Eigenarten. Was Dating Queen jedoch wahrlich ist, ist ein Amerikanischer Film. Dem europäischen Publikum wird es teilweise nicht einfach gemacht. Einen beachtlichen Teil des Humors zieht Dating Queen aus einer Art erweitertem Meta-Humor. Reale und gescriptete Figuren arbeiten praktisch gleichberechtigt nebeneinander. Eine bedeutende Rolle nimmt die New Yorker Sportszene ein, Cameoauftritte und Nebenfiguren werden dann auch von berühmten amerikanischen Sportlern absolviert, bzw. verkörpert, selbst der Cast an sich besteht hauptsächlich aus Schauspielern, die den Sprung zum globalen Star noch vor sich haben. Witzig dabei: Das international bekannteste Gesicht im Ensemble, Oscargewinnerin Tilda Swinton, ist in ihrer Rolle nicht einmal im Ansatz zu erkennen. Und dennoch schafft es Dating Queen einen jeden Kinofan zu begeistern. Der beeindruckendste und zugleich wichtigste Grund dafür ist die enorme Gagdichte. Dass dies in einer Komödie nicht selbstverständlich ist, wird im Kino beinahe wöchentlich deutlich, doch den Zuschauer erwartet hier eine zweistündige Zwerchfellattacke. Der Humor hat dabei eine erstaunliche Bandbreite, macht sich über jeden und alles gleichermaßen lustig (auf political correctness wird glücklicherweise verzichtet, nicht umsonst erhielt der Film in den USA ein R-Rating) und umschifft dabei noch jegliche beleidigende Fäkal-Witze. Typisch für Judd Apatows Filme (bspw. Beim ersten Mal, Brautalarm), und somit auch in Dating Queen zu finden, ist eine zusätzliche Fokussierung auf einen dramatischen Nebenplot, der auch hier bestens funktioniert. Die schauspielerischen Leistungen sind für eine romantische Komödie generell erstaunlich gut, doch können Amy Schumer, Bill Hader und co. in diesem Teil des Films besonders auftrumpfen. Trotz des tollen Eindrucks, den Dating Queen bei mir hinterlassen hat, sei erwähnt, dass der Streifen im letzten Viertel an Qualität einbüßt. Der Storyverlauf wird doch arg vorhersehbar, die Stimmung kippt leider von erwachsen-offensiv in klischeehaft-kitschig und besonders gegen Ende wird deutlich, dass 130 Minuten für eine Rom-Com etwas lang sind. Trotz dessen bleibt Dating Queen eine der lustigsten und in ihrer Kernaussage fortschrittlichsten Filme dieses Jahres. Und über den miserablen deutschen Verleihtitel (das englische Original, Trainwreck, ist schlicht passend und keine süßliche Anbiederung, die der Intention des Films entgegenwirkt), muss ein jeder einfach hinwegsehen können.

8/10

Für Fans von: Crazy, Stupid, Love, Beim ersten Mal

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