Dienstag, 25. August 2015

Die gefährlichste Band der Welt



Straight outta Compton

Der Aufschrei, der im Sommer 1988 durch die amerikanische Öffentlichkeit ging, ist heute kaum noch nachzuvollziehen. Fünf schwarze Jungs aus Compton, einem heruntergekommenen Vorort des Millionenmolochs L.A. sorgten mit ihrem Album Straight outta Compton für reichlich Furore. Das Hip-Hop-Kollektiv N.W.A. (Niggaz wit' Attitudes) setzte auf Texte, die schonungslos den brutalen Alltag der afroamerikanischen Jugendlichen zwischen Drogendeals und willkürlicher Polizeigewalt aufzeigen. Was folgte, waren Zensur und Verfolgung, aber auch Ruhm und Karrieren, die die Popmusik bis heute beeinflussten. Straight outta Compton bebildert nun den Weg von Dr. Dre, Eazy-E, Ice Cube, MC Ren und DJ Yella zwischen 1987 und Mitte der neunziger Jahre. Über die gesamte Laufzeit von 147 Minuten nutzt Straight outta Copmton tagesaktuelles Geschehen der entsprechenden Handlungszeit, um die Story zu datieren. Bevorzugt laufen im Hintergrund Fernsehbeiträge über Rassenunruhen, die Protagonisten werden dazu selbst oft unschuldige Opfer der Staatsmacht. In Zeiten schwerer Ausschreitungen in Ferguson und beinahe täglicher Meldungen über den Konflikt zwischen weißen Polizisten und schwarzen Jugendlichen auf den Straßen der USA, trifft diese Art der Inszenierung natürlich den Zeitgeist, birgt aber auch einige Probleme. Denn mit den realen Ice Cube und Dr. Dre als Produzenten des Films lässt Straight outta Copmton seine drei Hauptfiguren in übertrieben glanzvollem Licht erscheinen. Besonders Dr. Dres gestörtes Verhältnis zu Frauen wird nicht thematisiert. Über Jahre berichteten Geliebte, Freundinnen, sogar die Mutter eines seiner Kinder über regelmäßigen Missbrauch im Hause Andre Young (so Dres bürgerlicher Name). Dazu beklagte sich MC Ren vor Veröffentlichung des Films massiv über seine Darstellung im Streifen, denn Ren und DJ Yella stellten zwar offiziell gleichberechtigte Mitglieder von N.W.A. dar, werden aber im Film zu besseren Statisten degradiert. Dazu möchte die im Film vermittelte Haltung der Rapper zur Flucht aus Gewalt und Hoffnungslosigkeit durch die Musik einfach nicht zu deren jetzigem Bild passen. So brachte Dr. Dre publikumswirksam zwei Wochen vor Kinostart sein erstes Album seit nunmehr 16 Jahren auf den Markt, dazu nennt er sich inzwischen erster Musik-Milliardär der Welt. Abgesehen von all diesen historischen Ungenauigkeiten ist Straight outta Compton ein verdammt gelungener Film geworden. Die enorme Laufzeit wirkt dank großartiger darstellerischer Leistungen (unter anderem von Ice Cubes echtem Sohn O'Shea Jackson Jr.) und eines sehr dynamischen Looks überraschend kurzweilig. Dazu treten mit Snoop Dogg und Tupac Shakur weiter Ikonen der Szene auf, selbst der gewalttätige Suge Knight (der inzwischen im Gefängnis auf eine Anklage wegen Mordes im Zuge der Dreharbeiten(!!!) zu Straight outta Compton wartet) wird zum Thema gemacht. Somit bleibt Fans von N.W.A. ein handwerklich toller Film mit erstaunlicher aktueller Brisanz, der sogar über Paul Giamattis dritte Besetzung für einen hinterhältigen Musikmanager binnen drei Jahren hinwegsehen lässt.

7/10

Für Fans von: 8 Mile, Boogie Nights

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