Donnerstag, 30. Juni 2016

Charmanter Schrott




Kill Billy

Das Billy-Regal steht wie kein zweites Möbelstück für den schwedischen Einrichtungshaus- Riesen IKEA. Einfach, günstig und von kurzer Haltbarkeit – IKEA-Gründer Ingvar Kamprad bringt mit dieser Beschreibung nicht nur die Eigenschaften des Kult-Möbels auf den Punkt, sondern auch die seiner gesamten Kette. Doch mit diesen Adjektiven erzürnt man einen Mann wie den Möbelfabrikanten Harold schnell. Denn IKEA eröffent in seiner norwegischen Heimatstadt Skandinaviens größte Filiale und Harold muss nach Jahrzehnten harter Arbeit sein Geschäft schließen. Als seine Frau schließlich einem Herzinfarkt erliegt, schreitet der rüstige Unternehmer zur Rache an dem Mann, der seine Existenzgrundlage stahl: Ingvar Kamprad. Regisseur Gunnar Vikene drehte zwar bereits vor 15 Jahren seinen ersten Langfilm, dürfte jedoch erst mit Kill Billy einem größeren Publikum bekannt werden. Dies ist dann auch ausschließlich der herrlich absurden Ausgangsidee des Films zu verdanken, für dessen Drehbuch sich Vikene auch verantwortlich zeigt. Klar, IKEA zieht bekanntlich immer. Doch leider liegen im Skript auch die großen Probleme von Kill Billy verborgen. Denn stimmungsvolle Szenen, eine ordentliche technische Umsetzung (besonders die präzisen und toll eingefangenen Bilder von Kameramann Simon Pramsten) und interessante Charaktere können den Zuschauer nur halbwegs bei der Stange halten. Kill Billy verzettelt sich in seiner Entführungsgeschichte, behandelt zu viele Nebenkriegsschauplätze, versucht sich darin, die nordische Seele zu Ergründen und vergisst dabei komplett eine spannende Geschichte zu erzählen. Trotz der knappen Laufzeit von nur 88 Minuten passiert vor allem in Kill Billys zweiter Hälfte nahezu nichts. Ziellosigkeit macht sich breit. Nach dem vielversprechenden, tief sarkastischen Beginn des Films, der an große skandinavische Tragikomödien erinnert, ist dies umso enttäuschender, zumal Gunnar Vikene gleichsam in den humorvollen wie den traurigen Szenen die richtigen Knöpfe beim Publikum zu drücken vermag, um echte Gefühle zu erzeugen. Lobend hervorzuheben ist hingegen das Schauspielensemble. Bjørn Sundquist (Dead Snow, Hänsel und Gretel: Hexenjäger) als verbitterter Harold, Björn Granath (The American, Pelle der Eroberer) als gewiefter IKEA-Chef und die schwedische Nachwuchsakteurin Fanny Ketter in der weiblichen Hauptrolle überzeugen allesamt mit stimmigen Performances und einer tollen Leinwandchemie. Letztendlich allerdings wird man Kill Billy, falls überhaupt, als vertane Chance in Erinnerung behalten. 

6/10

Für Fans von: Suicide Kings, Tötet Mrs. Tingle!

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