The Nice Guys
Los Angeles
1977. Eine Welt aus Neonfarben, Funkmusik, Drogen, Partys und
Pornofilmen. Wie gemacht, um sie in Hollywood auferstehen zu lassen.
Und wer wäre dafür besser geeignet, als ein Mann, der mit seinen
Arbeiten ebenso kultig wurde, wie die Zeit, die er nun in The Nice
Guys porträtiert. Shane Black war gerade 25, als sein Drehbuch zu
Lethal Weapon den Höhepunkt des Buddy-Cop-Kinos setzte. Es folgten
Fortsetzungen und Skripte zu den nicht mindern begeisternden
Kultfilmen Last Boy Scout und Last Action Hero. Erst 2005 jedoch
trat Black selbst als Regisseur in Erscheinung – und schuf einen
Instant- Klassiker. Kiss Kiss Bang Bang erfreut sich heute einer
enormen Beliebtheit und war damals die Wiederauferstehung des von
Drogen zerstörten, ehemaligen Teenieschwarms Robert Downey Jr. Mit
diesem realisierte er 2013 Iron Man 3, sodass The Nice Guys nun erst
die dritte Regiearbeit eines Mannes ist, dessen Ruf auf einem ganzen
Filmleben zu ruhen scheint. Doch Shane Black weiß offensichtlich
genau, warum er mit Stoffen und Projekten äußerst vorsichtig
umgeht, denn er liefert. Erneut. The Nice Guys ist ein nahezu
perfekter, schamlos unterhaltsamer und in jeder Hinsicht
unberechenbarer Film. Die Story folgt Russell Crowe und Ryan Gosling
als Auftragsschläger/Privatdetektiv-Duo, die wider Willen den Tod
einer Pornodarstellerin und das Verschwinden einer jungen Dame
untersuchen. Die Geschichte und dessen Auflösung ist in
Buddy-Movies oder Gangsterkomödien oft zweitrangig und auch The
Nice Guys scheint da auf den ersten Blick keinen Unterschied zu
machen. Doch der Schein trügt. Ausgangspunkt und Auflösung der
verschachtelten, aber jederzeit nachvollziehbaren Ereignisse, sind
tief im Zeitgeist der 70er Jahre verwurzelt und bilden so einen
schlussendlich stimmigen Unterbau für die Story. Doch was diese 116
Minuten Kino besonders aufregend macht, sind Stilempfinden und
Drehbuch. Letzteres stammt ebenfalls aus den Händen des Regisseurs.
Design, Garderobe, Sets, Frisuren und Make-Up lassen die wilde
Disco-Ära auf höchstem Niveau auferstehen. Die optische Brillanz
des Streifens wird durch die durchweg gelungene Kameraarbeit und den
stimmigen Schnitt noch verstärkt, die beide besonders in den toll
choreografierten Actionsequenzen hervorstechen. Dazu fand Black mit
Crowe und Gosling zwei Hauptdarsteller, die mit einer unglaublichen
Leinwandchemie die perfekt getimten Dialogduelle grandios
transportieren. Russell Crowe wiederholt hier mit Jackson Healy
seine Figur des Bud White aus L.A. Confidential, dreht sie jedoch
einmal durch den Fleischwolf und schmeißt sie in eine wilde
Komödie. Ryan Gosling beweist als Holland March einmal mehr, dass
er trotz großer dramatischer Leistungen, wie etwa in Drive, für
das humoristische Handwerk geboren wurde. Seine trottelige
Verwirrtheit gepaart mit Momenten unfassbarer Klarsicht, liefert der
Kanadier mit hervorragendem Mimenspiel, sodass ich geneigt bin die
Figur des Holland March in einem Atemzug mit den Genrevorbildern
„Dude“ Lebowski und „Doc“ Sportello zu nennen. Der Humor in
The Nice Guys trifft ohne Unterlass ins Schwarze, besonders Running
Gags werden nicht wie in mittelmäßigen Komödien ständig
überstrapaziert, sondern wohldosiert eingesetzt und bleiben somit
stets witzig. Einen großen Pluspunkt gibt es auch noch für die
Charakterisierung von Kindern in diesem Film. In der weiblichen
Hauptrolle sehen wir dann auch die gerade erst 15jährige Angourie
Rice als Marchs Tochter Holly. Mit größter Selbstverständlichkeit
fährt sie Daddys Auto, besucht Partys von Pornofilmproduzenzten und
ist immer wieder treibende Kraft der Erzählung. So ist es zu
verschmerzen, dass sie der Film zur Mitte hin eine kleine
Schwächephase hinsichtlich Tempo und Storyverlauf gönnt, die das
wieder herrlich durchgedrehte Finale jedoch schnell vergessen lässt.
Toller Look, tolle Story, tolle Dialoge – The Nice Guys ist
absolutes Pflichtprogramm für jeden Kinofan.
9/10
Für Fans von:
Kiss Kiss Bang Bang, Inherent Vice, Chinatown, L.A. Confidential
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