Everybody
wants some!!
Die
Filmografie von Richard Linklater als außergewöhnlich zu
beschreiben, wäre eine ziemliche Untertreibung. Seine Werke
genießen fast durchgängig höchstes Ansehen und beeindrucken durch
ihre aufwändige Machart (Boyhood, Before-Trilogie) oder ihre
entwaffnende Unbeschwertheit (School of Rock, Dazed and Confuzed).
Als Nachfolger im Geiste von eben diesem Dazed and Confused dürfen
wir nun in Everybody wants some!! (die Schreibweise mit zwei
Ausrufezeichen entspricht dem tatsächlichen Titel des Films) erneut
einer Gruppe junger Menschen in einer kurzen, aber sehr speziellen
Zeit beiwohnen. Everybody wants some!! schildert das Wochenende
einiger College-Neulinge vor dem offiziellen Start ihrer Ausbildung.
Hauptfigur Jake wird dort, im Texas des Jahres 1980, wegen seiner
Baseball-Fähigkeiten den fiktionalen Southeast Texas Cherokkees
zugeordnet. Mit seinen Mitspielern bewohnt er ein Haus nahe der
Universität. Doch allein mit dieser Ausgangslage geht Linklater
phänomenal unüblich um. Erst nach eineinhalb Stunden der 116
Minuten Laufzeit wird zum ersten Mal der Baseballschläger
geschwungen, nur in einer der letzten Szenen sehen wir die
Protagonisten tatsächlich studieren. Die Thematik des Films ist
weder am College noch auf dem Sportplatz angesiedelt, sondern
behandelt das süße Nichttun, die sorgenfreie Zeit, den Hauch von
Anarchie vor dem Beginn des Ernsts des Lebens. Und Linklater beweist
damit, wie sehr sich Erfahrung und Hingabe auch in scheinbar
leichteren Filmen auszahlen – besonders im Vergleich mit den
Teenie-Filmen der späten 90er und frühen 2000ern, die niemals die
selbstverständliche Leichtigkeit und den ungewissen Unterton der
großen Vorbilder wie Ferris macht blau oder The Breakfast Club
versprühten. All dies gelingt nun Everybody wants some!!. Der
Streifen huldigt schamlos der Jugendkultur der 80er Jahre.
Musikauswahl, Kostüme, Frisuren und Ausstattung sind schlicht
hinreisend. Der gesamte Film versprüht eine
Alles-ist-möglich-Haltung. Linklater kann dabei von vielen
unverbrauchten Gesichtern profitieren. Alle Akteure sind hierzulande
weitestgehend unbekannt, doch ähnlich wie es etwa Matthew
McConaughey oder Ben Affleck nach ihren Rollen in Dazed and Confuzed
erging, dürften auch Blake Jenner, Zoey Deutsch oder Ryan Guzman in
Zukunft gern für große Projekte gecastet werden. Sie alle
verkörpern mit beeindruckender Leichtigkeit die Freude über das
Leben, die im tristen Alltag so schnell verloren geht. Eine Freude,
die sich in Everybody wants some!! in unentwegten Duellen und
Wettbewerben, in hochnotpeinlichen Flirtversuchen und in endlosen
philosophischen Diskussionen zeigt, und die im Zuschauer ein
erheiterndes nostalgisches Gefühl erweckt. Everybody wants some!!
ist beste Unterhaltung, die gerade wegen ihrer minimalistischen
Grundidee viel Raum für Charaktere und Stimmungen schafft und
nachhaltig im Gedächtnis bleibt.
9/10
Für
Fans von: Dazed and Confuzed, Ferris macht blau
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