Donnerstag, 2. Juni 2016

Nazi Punks Fuck Off




Green Room

Eine abgehalfterte Punkband nimmt aus reiner Geldnot das Angebot an, auf ihrer Tour durch den Nordwesten der USA in einem entlegenen Club zu spielen, deren Gäste vornehmlich gewaltbereite Neo-Nazis sind. Mit dieser unkonventionellen Prämisse stürzt uns Independent-Hoffnung Jeremy Saulnier in einen beklemmenden Belagerungsthriller voller Eigenständigkeit und unvorhergesehener Ereignisse. Die Vorbilder von Green Room sind offensichtlich. Regisseur Saulnier scheint vorrangig ein Fan des John Carpenter-Klassikers Assault – Anschlag bei Nacht zu sein. Doch statt sich heillos in Zitaten zu verzetteln, stellt Green Room eine eigene, komplett ironiefreie Realität dar, die sich der Zuschauer in aufreibenden 96 Minuten nicht entziehen kann. Die dargestellte Trostlosigkeit, treibende Punk- und Metalrhythmen (die Songs vom Soundtrack wurden von den Protagonisten des Films als The Ain't Rights eingespielt, dazu gibt’s Slayer und Napalm Death auf die Ohren) und die spezielle Farbgebung (wie man sich vorstellen kann kommt Grüntönen eine besondere Bedeutung zu) entwickeln ein neuartiges und ungewohntes melancholisches Gefühl, das die Geschehnisse umgibt. Die zunehmende Brutalität und Unberechenbarkeit brechen sich in diesem Kontext umso eindrücklicher Bahn. Vor allem in der ersten Hälfte überzeugt Green Room mit seiner Mischung aus Terrorfilm und Hinterwäldlerhorror und hat den Zuschauer mit seiner beklemmenden Intensität komplett in der Hand. Während die kompakte Erzählweise im weiteren Verlauf des Streifens etwas aufgegeben wird, bleiben die Darsteller jedoch allesamt überzeugend. Vor allem Star Trek-Ikone Patrick Stewart stiehlt als Anführer der Nazi-Gang sämtliche Szenen, in denen er zu sehen ist. Als das ultimativ Böse in diesem Film wirkt er durch seine sachlich-analytische Art dennoch jederzeit enorm ambivalent. Als Skinhead-Braut weiß dazu Need for Speed- und Broadway Therapy- Darstellerin Imogen Poots zu glänzen, als Bassist und Bandleader Anton Yelchin (Terminator: Salvation, Star Trek). Rund um diese Charaktere entwickelt sich Green Room in genau die Richtung, die Genre-Fans erwarten. Jedoch vollführt er das auf so konsequente und überlegte Weise, dass dieser toll gespielte Bastard von einem Film bis zu seinem geradlinigen Finale bestens unterhält. Ein breites Publikum wird Green Room wohl nicht beschert werden, doch als Türöffner für einen interessanten, jungen Regisseur könnte dieser Streifen nicht besser funktionieren. 

7/10

Für Fans von: Assault – Anschlag bei Nacht, Panic Room

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