Donnerstag, 24. September 2015

Hänsel und Gretel reloaded



The Visit

M. Night Shyamalans Karriere lässt sich in jeder Hinsicht wohl bestens mit einzigartig umschreiben. Als der 29jährige Inder 1999 mit dem gefeierten Mystery-Thriller The Sixth Sense die Bildfläche Hollywoods betrat, wurde er schnell das Gesicht einer neuen Art von Filmemachern, die mit gewohnten Erzählweisen brechen. Mit seinen Folgeprojekten Unbreakable und Signs konnte er zwar nicht an seinen genialen Erstling anknüpfen, erarbeitete sich jedoch eine treue Fanbase. Umso überraschender war dann Shyamalans Absturz. Dank Rohrkrepierer wie Die Legende von Aang und Das Mädchen aus dem Wasser war er gezwungen, Will Smith' Offerte anzunehmen, bei After Earth Regie zu führen, um Geld für sein nun erscheinendes Herzensprojekt zu sammeln. Und siehe da, The Visit ist ein geradliniger, ambitionierter Gruselfilm geworden. Shyamalan erzählt die Geschichte zweier Geschwister, die erstmals eine Woche auf der Farm ihrer bisher unbekannten Großeltern verbringen. Auf erstaunlich wirkungsvolle Weise wurde The Visit komplett im Found- Footage-Stil gedreht. Der Streifen verzichtet dabei dankenswerterweise auf jegliches Beiwerk wie zusätzlich eingespielte Musik oder nervige Jump-Scares. Alles was der Zuschauer zu Gesicht bekommt, ist das gut getimte Zusammenarbeit von Schauspiel, Maske und Bauten, eingefangen von einer einzigen Kamera. Als Bindeglied fungiert hier die ältere Schwester der beiden Kinder. Ihre Figur hat den großen Wunsch eine berühmte Regisseurin zu werden, weswegen sie den Besuch bei ihren Großeltern zu einer Dokumentation für ein Schulprojekt filmt und schneidet. Die autobiografischen Einflüsse Shyamalans sind dabei gewollt und stimmig in den Film integriert. Zudem kann sich The Visit mit großartigen darstellerischen Leistungen rühmen. Die Nachwuchsschauspieler Olivia DeJonge und Ed Oxenbould bewiesen ja bereits in The Sisterhood of Night sowie Die Millers, dass sie in der Lage dazu sind Verantwortung auf der Leinwand zu übernehmen. So ist ihr Geschwisterpaar dann auch im vorliegenden Streifen absolut glaubwürdig gespielt. In einer Nebenrolle ist als deren Mutter zudem Vielfilmerin Kathryn Hahn zu sehen. Die besten, weil markantesten, Rollen sind aber definitiv die der geheimnisvollen Großeltern. Dank der tollen Performances von Law & Order-Star Peter McRobbie und Tony-Gewinnerin Deanna Dunagan bereitet es dem Kinobesucher eine makabere Freude, den mysteriösen Umtrieben auf der Farm zu folgen. The Visit wird den Gruselfilm sicherlich nicht nachhaltig prägen. Doch auch ohne große PR-Maschinerie prognostiziere ich ein vorsichtiges Comeback für M. Night Shyamalan. Denn Freunden kleinerer und ausgefallener Streifen steht hier eine hundsgemeine, wirklich witzige Horror-Groteske ins Haus. 

7/10

Für Fans von: Der Babadook, The Others

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