The Visit
M. Night Shyamalans Karriere lässt
sich in jeder Hinsicht wohl bestens mit einzigartig umschreiben. Als
der 29jährige Inder 1999 mit dem gefeierten Mystery-Thriller The
Sixth Sense die Bildfläche Hollywoods betrat, wurde er schnell das
Gesicht einer neuen Art von Filmemachern, die mit gewohnten
Erzählweisen brechen. Mit seinen Folgeprojekten Unbreakable und
Signs konnte er zwar nicht an seinen genialen Erstling anknüpfen,
erarbeitete sich jedoch eine treue Fanbase. Umso überraschender war
dann Shyamalans Absturz. Dank Rohrkrepierer wie Die Legende von Aang
und Das Mädchen aus dem Wasser war er gezwungen, Will Smith'
Offerte anzunehmen, bei After Earth Regie zu führen, um Geld für
sein nun erscheinendes Herzensprojekt zu sammeln. Und siehe da, The
Visit ist ein geradliniger, ambitionierter Gruselfilm geworden.
Shyamalan erzählt die Geschichte zweier Geschwister, die erstmals
eine Woche auf der Farm ihrer bisher unbekannten Großeltern
verbringen. Auf erstaunlich wirkungsvolle Weise wurde The Visit
komplett im Found- Footage-Stil gedreht. Der Streifen verzichtet
dabei dankenswerterweise auf jegliches Beiwerk wie zusätzlich
eingespielte Musik oder nervige Jump-Scares. Alles was der Zuschauer
zu Gesicht bekommt, ist das gut getimte Zusammenarbeit von
Schauspiel, Maske und Bauten, eingefangen von einer einzigen Kamera.
Als Bindeglied fungiert hier die ältere Schwester der beiden
Kinder. Ihre Figur hat den großen Wunsch eine berühmte Regisseurin
zu werden, weswegen sie den Besuch bei ihren Großeltern zu einer
Dokumentation für ein Schulprojekt filmt und schneidet. Die
autobiografischen Einflüsse Shyamalans sind dabei gewollt und
stimmig in den Film integriert. Zudem kann sich The Visit mit
großartigen darstellerischen Leistungen rühmen. Die
Nachwuchsschauspieler Olivia DeJonge und Ed Oxenbould bewiesen ja
bereits in The Sisterhood of Night sowie Die Millers, dass sie in der
Lage dazu sind Verantwortung auf der Leinwand zu übernehmen. So ist
ihr Geschwisterpaar dann auch im vorliegenden Streifen absolut
glaubwürdig gespielt. In einer Nebenrolle ist als deren Mutter
zudem Vielfilmerin Kathryn Hahn zu sehen. Die besten, weil
markantesten, Rollen sind aber definitiv die der geheimnisvollen
Großeltern. Dank der tollen Performances von Law & Order-Star
Peter McRobbie und Tony-Gewinnerin Deanna Dunagan bereitet es dem
Kinobesucher eine makabere Freude, den mysteriösen Umtrieben auf der
Farm zu folgen. The Visit wird den Gruselfilm sicherlich nicht
nachhaltig prägen. Doch auch ohne große PR-Maschinerie
prognostiziere ich ein vorsichtiges Comeback für M. Night
Shyamalan. Denn Freunden kleinerer und ausgefallener Streifen steht
hier eine hundsgemeine, wirklich witzige Horror-Groteske ins
Haus.
7/10
Für Fans von: Der Babadook, The Others
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