Donnerstag, 17. September 2015

Das Dach der Welt






Everest

Seit Beginn der 80er Jahre wird der höchste Berg der Erde nun kommerziell bestiegen. Wurden zwischen 1953 und 1979 noch 99 Besteigungen gezählt, so erreichten in der Rekordsaison 2007 630 Menschen den Gipfel des Mount Everest. Trotz eindringlicher Warnungen von professionellen Alpinisten und einheimischen Sherpas (die zwar auf der einen Seite mit der organisierten Tour auf den Gipfel ihren Lebensunterhalt verdienen, die ungebrochene Gefahr der Besteigung allerdings auch bestens einschätzen können) ist der Run auf den Gipfel des Berges ungebrochen, obgleich bereits vor den Katastrophenjahren 2014/15 (Lawine, Erbeben in Nepal insg. 34 Tote) 248 Menschen bei dem Versuch ums Leben kamen die legendären 8848m zu erklimmen. Ein deutliches Zeichen gegen den Massentourismus kommt jetzt in Form von Baltasar Kormákurs Everest in die deutschen Kinos. Der Isländer legt seinem Abenteuerdrama die Reiseberichte des amerikanischen Journalisten Jon Krakauer zu Grunde, der beim bis dato verheerendsten Aufstieg im Jahre 1996 eine Gruppe Bergsteiger begleitete. Mit einem unfassbaren Ensemble, großem Budget und beeindruckenden Bildern zieht Everest von Beginn an alle Register um nachhaltig zu beeindrucken. Nach dem Muster klassischer Katastrophenfilme wird die ersten Stunde der 121 Minuten Laufzeit allein auf die Charakterisierung der Protagonisten verwendet, bevor eine weitere Stunde Eskalation und Nägelkauen den Zuschauer in den Kinosessel presst. Die Filmcrew drehte einen beachtlichen Teil des Streifens direkt vor Ort, die eingefangenen Bilder wirken majestätisch und bedrohlich zugleich. Das obligatorische 3D verstärkt diesen Effekt noch zusätzlich, weshalb ich jedem rate die 3€ Aufschlag zu investieren. Der bereits erwähnte, beeindruckende Cast birgt im Verlauf des Films jedoch eine zentrale Schwäche von Everest zum Vorschein. Einige Szenen scheinen nur zu dem Zwecke in den Film integriert worden zu sein, ein weiteres bekanntes Gesicht auf der Leinwand zu zeigen. Besonders Sequenzen mit denen von Keira Knightley und Robin Wright gespielten Ehefrauen zweier Bergsteiger bremsen den Filmfluss doch erheblich. Die emotionale Bindung des Zuschauers zu den Figuren wäre auch ohne familiären Backgrund Einzelner gegeben gewesen. Diese Tatsache liegt in den außergewöhnlich guten darstellerischen Leistungen begründet. An vorderster Front kann Jason Clarke als Expeditionsleiter überzeugen. An dessen Seite wissen auch Josh Brolin als überzeugter Texaner, Jake Gyllenhaal als Draufgänger, Sam Worthington als standhafter Organisator und Emily Watson als Basis-Camp-Leiterin zu begeistern. Jedem Kinogänger sollte dieses toll gefilmte Ensemblestück Warnung genug sein, die kommerzielle Besteigung des höchsten Bergs der Erde nicht gutzuheißen. 

8/10

Für Fans von: Cliffhanger, 127 Hours


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