Everest
Seit Beginn der 80er Jahre wird der
höchste Berg der Erde nun kommerziell bestiegen. Wurden zwischen
1953 und 1979 noch 99 Besteigungen gezählt, so erreichten in der
Rekordsaison 2007 630 Menschen den Gipfel des Mount Everest. Trotz
eindringlicher Warnungen von professionellen Alpinisten und
einheimischen Sherpas (die zwar auf der einen Seite mit der
organisierten Tour auf den Gipfel ihren Lebensunterhalt verdienen,
die ungebrochene Gefahr der Besteigung allerdings auch bestens
einschätzen können) ist der Run auf den Gipfel des Berges
ungebrochen, obgleich bereits vor den Katastrophenjahren 2014/15
(Lawine, Erbeben in Nepal insg. 34 Tote) 248 Menschen bei dem Versuch
ums Leben kamen die legendären 8848m zu erklimmen. Ein deutliches
Zeichen gegen den Massentourismus kommt jetzt in Form von Baltasar
Kormákurs Everest in die deutschen Kinos. Der Isländer legt seinem
Abenteuerdrama die Reiseberichte des amerikanischen Journalisten Jon
Krakauer zu Grunde, der beim bis dato verheerendsten Aufstieg im
Jahre 1996 eine Gruppe Bergsteiger begleitete. Mit einem unfassbaren
Ensemble, großem Budget und beeindruckenden Bildern zieht Everest
von Beginn an alle Register um nachhaltig zu beeindrucken. Nach dem
Muster klassischer Katastrophenfilme wird die ersten Stunde der 121
Minuten Laufzeit allein auf die Charakterisierung der Protagonisten
verwendet, bevor eine weitere Stunde Eskalation und Nägelkauen den
Zuschauer in den Kinosessel presst. Die Filmcrew drehte einen
beachtlichen Teil des Streifens direkt vor Ort, die eingefangenen
Bilder wirken majestätisch und bedrohlich zugleich. Das
obligatorische 3D verstärkt diesen Effekt noch zusätzlich, weshalb
ich jedem rate die 3€ Aufschlag zu investieren. Der bereits
erwähnte, beeindruckende Cast birgt im Verlauf des Films jedoch
eine zentrale Schwäche von Everest zum Vorschein. Einige Szenen
scheinen nur zu dem Zwecke in den Film integriert worden zu sein,
ein weiteres bekanntes Gesicht auf der Leinwand zu zeigen. Besonders
Sequenzen mit denen von Keira Knightley und Robin Wright gespielten
Ehefrauen zweier Bergsteiger bremsen den Filmfluss doch erheblich.
Die emotionale Bindung des Zuschauers zu den Figuren wäre auch ohne
familiären Backgrund Einzelner gegeben gewesen. Diese Tatsache
liegt in den außergewöhnlich guten darstellerischen Leistungen
begründet. An vorderster Front kann Jason Clarke als
Expeditionsleiter überzeugen. An dessen Seite wissen auch Josh
Brolin als überzeugter Texaner, Jake Gyllenhaal als Draufgänger,
Sam Worthington als standhafter Organisator und Emily Watson als
Basis-Camp-Leiterin zu begeistern. Jedem Kinogänger sollte dieses
toll gefilmte Ensemblestück Warnung genug sein, die kommerzielle
Besteigung des höchsten Bergs der Erde nicht gutzuheißen.
8/10
Für Fans von: Cliffhanger, 127 Hours
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