Mittwoch, 20. Juli 2016

Das Leben als Cappuccino-Maschine




Demolition

In den letzten Jahren hat sich Jake Gyllenhaal nicht nur zum absoluten A-Lister hochgearbeitet, sondern ist auch unter meinen persönlichen Lieblingsschauspielern zu finden. Spätestens durch seine beeindruckenden Performances in Nightcrawler und Prisoners verdiente sich der Zodiac- und Brokeback Mountain-Star den Status eines Meisters seiner Zunft. Fast selbstverständlich stemmt Gyllenhaal seit 2011 großartige Filme wie Everest, End of Watch, Enemy und Southpaw. Parallel (!) zu letztgenanntem Boxerdrama stand der 35jährige im vergangenen Jahr noch für die Tragikomödie Demolition vor der Kamera. Unter der Regie des Dallas Buyers Club-Regisseurs Jean-Marc Vallée verkörpert Gyllenhaal den Investmentbanker Davis Mitchell, der nach dem Unfalltod seiner Frau in einer zusehends emotionslose Melancholie verfällt und die richtigen Wege der Trauerbewältigung zu ergründen sucht. Wie Titel und Trailer vermuten lassen, scheint sich die komplette Zerstörung der inneren und äußeren Welt als Mitchells bevorzugte Möglichkeit herauskristallisieren, den Verlust eines geliebten Menschen zu kompensieren. Doch der geneigte Kinogänger sollte sich von diesem Eindruck ebenso wenig beeinflussen lassen, wie dem in allen Promo-Clips entstandenen Eindruck, Demolition sei eine Komödie über einen einsamen Mann, der hauptsächlich Beschwerdebriefe schreibt. Sicher, all diese Themen und charakterlichen Facetten werden im fertigen Film abgehandelt, doch Demolition kann diese entstandene Erwartungshaltung eines unterhaltsamen Streifens leider nicht einhalten. Während in der ersten Hälfte der 101 Minuten Spielzeit die Geschichte durch ihren im Kern lebensbejahenden Ton und skurrile Nebenfiguren, wie Mitchells Eltern oder seinen Schwiegervater interessant bleibt, verheddert sich Demolition mit fortschreitender Dauer in Wiederholungen und Belanglosigkeit. Der aufgebaute Storybogen stagniert und scheint nur bruchstückhaft zu einem Ende geführt zu werden. Uneingeschränkt lobenswert sind allerdings die Leistungen der Akteure vor der Kamera. Jake Gyllenhaal führt seine Liste an großartigen Leistungen bedenkenlos fort, Naomi Watts und Chris Cooper begnügen sich mit zurückhaltenderen Rollen, preschen aber genau dann nach vorn, wenn die Szenerie es erfordert. Eine echte Entdeckung ist zudem der erst 15jährige Judah Lewis, der als aufmüpfiger Teenager die eingestaubte Handlung bis zum starken Finale nach vorne bringt. Dazu kann Demolition mit einem tollen 70s Psychodelic Rock-Soundtrack aufwarten. Der Film sieht sich selbst als Metapher auf das ganze Leben. Dies wird nicht nur inszenatorisch und erzählerisch dargestellt, sondern explizit genannt. Doch ähnlich wie der Alltag ist auch Demolition teilweise ziellos und uninteressant geworden. Die starken Schauspieler und eine gefällige Inszenierung heben das Charakterdrama jedoch über den Durchschnitt. 

6/10

Für Fans von: 21 Gramm, The Descendants

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