Donnerstag, 2. März 2017

Oscarrückblick

Oscarrückblick

Die Gewinner:

Bester Film
"Moonlight"
Bester Hauptdarsteller
Casey Affleck ("Manchester by the Sea")
Beste Hauptdarstellerin
Emma Stone ("La La Land")
Bester Nebendarsteller
Mahershala Ali ("Moonlight")
Beste Nebendarstellerin
Viola Davis ("Fences")
Beste Regie
Damien Chazelle ("La La Land")
Bester fremdsprachiger Film
"The Salesman" (Iran)
Bester Animationsfilm
"Zootopia"
Bestes adaptiertes Drehbuch
"Moonlight"
Bestes Originaldrehbuch
"Manchester by the Sea"
Beste Kamera
Linus Sandgren ("La La Land")
Bester Ton
"Hacksaw Ridge"
Bester Tonschnitt
"Arrival"
Bester Soundtrack
"La La Land"
Bester Filmsong
"City of Stars" aus "La La Land"
Bestes Produktionsdesign
"La La Land"
Bestes Kostüm
"Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind"
Bester Dokumentarfilm
"O.J.: Made in America"
Bester Kurzdokumentarfilm
"The White Helmets"
Bester Schnitt
"Hacksaw Ridge"
Beste Maske
"Suicide Squad"
Bester Animationskurzfilm
"Piper"
Bester Realkurzfilm
"Sing"


Die 89. Academy Awards sind vergeben. In Erinnerung wird die Zeremonie vor allem durch die Panne bei der Vergabe des Preises für den besten Film bleiben. Best-of-Youtuber reiben sich bereits die Hände, bietet doch zusätzlich die wesentlich beschämendere Verwechslung der lebenden Produzentin Jan Chapman mit der verstorbenen Kostümbildnerin Janet Patterson Material für die nächsten Videos über die größten Oscar-Ausrutscher. Doch ich möchte mich mit der eigentlichen Show und ihren Gewinnern beschäftigen.


Und an diese genoss ich fast ohne Abstriche.
Von Sekunde eins an, beginnend mit dem großartigen Opening von Justin Timberlake, hatte mich diese Oscarverleihung auf ihrer Seite. Kein gezwungener Monolog, keine gestellte, im Vorhinein aufgenommene Musicalnummer, sondern Tanz und Gesang mit Sinn – Schließlich war die dargebotene Nummer „Can't stop the feeling“ bereits unter den nominierten Songs. Jimmy Kimmels anschließende Eröffnungsansprache wirkte so regelrecht befreit.


Politische Seitenhiebe gab es in dieser sowie auch im Folgenden zuhauf. Der ganz große Beißer, wie ihn Michael Moore seinerzeit anbrachte, fehlte zwar, doch die schiere Menge an Protest gegen die Trump-Regierung ließ für mich keine (komödiantischen) Wünsche offen. So war der erste Abschnitt der rund dreieinhalbstündigen Show meiner Meinung nach vor allem durch den inhaltlich größten Fauxpas des Abends geprägt: Dem Oscar für Suicide Squad.
Einer der schlechtesten Filme des vergangenen Jahres wurde für seine Leistungen in Make-up und Hairstyling ausgezeichnet. Es ist sicherlich richtig, Filme nach einzelnen Merkmalen zu beurteilen und dabei die Gesamtleistung außer Acht zu lassen, doch das beschämende Erlebnis, das Suicide Squad definitiv war, hätte diese Nominierung erst gar nicht zulassen sollen. Man mag kaum daran denken, dass DC jetzt in puncto Oscars gegen Marvel und ihrem Cinematic Universe die Nase vorn hat.


In fast allen anderen Kategorien blieben große Überraschungen aus. Sicher, den Preis für den besten Schnitt an Hacksaw Ridge zu vergeben, erscheint mir nach wie vor etwas übertrieben. Doch wie ich bereits in meiner Oscar-Vorhersage mutmaßte, würden zwei technische Kategorien an Mel Gibsons Weltkriegsdrama fallen. Das macht die inszenatorischen Schwächen des Films nicht wett, ist aber allemal vertretbarer, als die Entscheidung der Academy aus 2015, das propagandistische Machwerk American Sniper gleich doppelt auszuzeichnen. Das sind für mich Abstriche, die ich bei einer rein amerikanisch geführten Preisverleihung gern eingehe.
Im Laufe der Show fiel mir gestalterisch einiges positiv auf. Zum einen wurden endlich wieder alle fünf oscarnominierten Songs live dargeboten. Zum anderen verzichteten die Verantwortlichen in diesem Jahr auf die separate Vorstellung aller für den besten Film nominierten Streifen mittels zeitraubender Trailer. Allgemein fand ich den Abend kurzweilig und zügig abgehandelt.
Selbst Kimmels Verweise auf seine eigene Late-Night-Show fielen da nicht negativ ins Gewicht, zumal diese in den Vereinigten Staaten den Oscars bezüglich Beliebtheit nahezu das Wasser reichen kann.


Was mich zugleich traurig und glücklich stimmt, ist meine recht gute Tippquote in diesem Jahr. Mit 14 aus 20 richtigen Vermutungen kann ich mich zwar kaum beschweren, doch schließt dies natürlich auch mit ein, dass The Salesman gegen Toni Erdmann gewann sowie dass Arrival mit nur einem und Hell or High Water ganz ohne Oscar nach Hause gehen mussten. Meine Herzensfilme wurden damit leider wie vermutet zu den Verlierern des Abends.


Zum Schluss möchte ich noch die beiden Gewinner des Abends gleichberechtigt loben. Wie sich die Produzenten, Darsteller und Regisseure von La La Land und Moonlight während und nach Bekanntwerden der falschen Nennung des besten Films verhielten, spricht Bände über das Verhältnis der Filmemacher untereinander. So weit das Leben der Hollywood-Schönheiten auch entfernt scheint, die Familie der Menschen hinter der Kamera ist doch eine sehr kleine und vertraute. Auch wenn Damien Chazelle ein Hochglanz-Musical ins Rennen warf, dass inhaltlich und inszenatorisch kaum weiter von Barry Jenkins Coming-of-Age-Drama hätte entfernt sein können, so wissen doch beide um den Verdienst ihrer Filme für das Independentkino. Dies war beim verrückten Schlussbild der 89. Acadamy Awars deutlich zu spüren und ließ mich glücklich zurück.


Diese Oscars lassen optimistisch nach vorne blicken.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen