Die Poesie des Unendlichen
Srinivasa Ramanujan gilt als einer der
einflussreichsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts. Seine indische
Herkunft, seine tiefe Religiosität und seine unkonventionelle
Heransgehensweise an wissenschaftliche Probleme machten ihn zu einem
bewunderten Fremdkörper im elitären britischen Mathematikerumfeld
während der Zeit des ersten Weltkrieges. In seinem kurzen Leben
stellte Ramanujan zahlreiche Formeln, Gleichungen, Konstanten und
Funktionen auf, an denen auf der einen Seite bis zum heutigen Tage
geforscht wird, die aber auf der anderen Seite beispielsweise
Grundlagen für die moderne Astrophysik sind. Das ungewöhnliche
Dasein des Zahlentheoretikers aus einfachsten Verhältnissen stellt
nun Regisseur Matthew Brown in seinem erst zweiten Film überhaupt
dar. Zentrales Element von Die Poesie des Unendlichen ist die
Beziehung Ramanuans mit seinem Mentor und Lehrmeister G.H.Hardy. Das
indische Ausnahmetalent wird von klassisch-britischen Professor an
das altehrwürdige Trinity-College in Cambridge geholt, um seine
autodidaktisch erworbenen Fähigkeiten dem internationalen
Wissenschaftsstandart anzupassen. Ähnlich dünn, wie diese
Handlungsbeschreibung fällt das Drehbuch des Streifens dann auch im
Ganzen aus. Einem so außergewöhnlichen Genie wie Ramanujan hätte
ein außergewöhnlicherer Film auch gut zu Gesicht gestanden. Das
Bio-Pic arbeitet sich dann allerdings allzu brav durch den Lebensweg
des Mathematikers. Ein beachtlicher Teil der Handlung entfällt
dabei auf die schwierige Beziehung Ramanujans zu seiner Mutter und
seiner Frau, die er in Indien zurückließ. Der Zuschauer, der vom
etwas überhasteten Beginn des Films auf ein Wissenschaftsdrama
vorbereitet wurde, stößt im arg sentimentalen zweiten Akt dann
auch schnell auf viel inhaltlichen Leerlauf. Der große Konflikt der
Story um das grundlegende mathematische Problem der Beweisbarkeit
von Theorien kommt erst sehr spät auf, sodass man sich vor allem
von der zu dick aufgetragenen Emotionalität der kulturellen
Unterschiede und der arg plakativ gestalteten Liebesthematik gestört
fühlen wird. Ein beachtliches Plus kann Die Poesie des Unendlichen
dank seiner Schauspielern für sich verbuchen. Mit Dev Patel und
Jeremy Irons sind die Hauptrollen äußerst passend besetzt, vor
allem der Engländer kann als Mittler zwischen klassischer und
moderner Auslegung der Mathematik überzeugen. Seiner Figur kommt
auch die detaillierteste Charakterentwicklung zugute. Der restliche
Cast um Toby Jones (Captain-America 1&2, Harry Potter-Franchise)
und Stephen Fry (Der Hobbit 2&3, V wie Vendetta) liefert Dienst
nach Vorschrift ab, kann aber dennoch, wie die Hauptdarsteller auch,
mit Herz und Spielfreude ein positives Gefühl vermitteln. Das
dürftige Skript, das die großen Themen aus dem Leben Ramanujans,
das Fremd sein in Bezug auf Herkunft und Intellekt sowie die
Vereinbarkeit von Kunst, Glaube und Mathematik nur oberflächlich
anreißt, wird dem allerdings in 114 Minuten ohne jegliche
Spannungskurve nicht gerecht.
5/10
Für Fans von: Die Entdeckung der
Unendlichkeit, Forrester – Gefunden
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