Dienstag, 17. Mai 2016

Keine höhere Mathematik



Die Poesie des Unendlichen

Srinivasa Ramanujan gilt als einer der einflussreichsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts. Seine indische Herkunft, seine tiefe Religiosität und seine unkonventionelle Heransgehensweise an wissenschaftliche Probleme machten ihn zu einem bewunderten Fremdkörper im elitären britischen Mathematikerumfeld während der Zeit des ersten Weltkrieges. In seinem kurzen Leben stellte Ramanujan zahlreiche Formeln, Gleichungen, Konstanten und Funktionen auf, an denen auf der einen Seite bis zum heutigen Tage geforscht wird, die aber auf der anderen Seite beispielsweise Grundlagen für die moderne Astrophysik sind. Das ungewöhnliche Dasein des Zahlentheoretikers aus einfachsten Verhältnissen stellt nun Regisseur Matthew Brown in seinem erst zweiten Film überhaupt dar. Zentrales Element von Die Poesie des Unendlichen ist die Beziehung Ramanuans mit seinem Mentor und Lehrmeister G.H.Hardy. Das indische Ausnahmetalent wird von klassisch-britischen Professor an das altehrwürdige Trinity-College in Cambridge geholt, um seine autodidaktisch erworbenen Fähigkeiten dem internationalen Wissenschaftsstandart anzupassen. Ähnlich dünn, wie diese Handlungsbeschreibung fällt das Drehbuch des Streifens dann auch im Ganzen aus. Einem so außergewöhnlichen Genie wie Ramanujan hätte ein außergewöhnlicherer Film auch gut zu Gesicht gestanden. Das Bio-Pic arbeitet sich dann allerdings allzu brav durch den Lebensweg des Mathematikers. Ein beachtlicher Teil der Handlung entfällt dabei auf die schwierige Beziehung Ramanujans zu seiner Mutter und seiner Frau, die er in Indien zurückließ. Der Zuschauer, der vom etwas überhasteten Beginn des Films auf ein Wissenschaftsdrama vorbereitet wurde, stößt im arg sentimentalen zweiten Akt dann auch schnell auf viel inhaltlichen Leerlauf. Der große Konflikt der Story um das grundlegende mathematische Problem der Beweisbarkeit von Theorien kommt erst sehr spät auf, sodass man sich vor allem von der zu dick aufgetragenen Emotionalität der kulturellen Unterschiede und der arg plakativ gestalteten Liebesthematik gestört fühlen wird. Ein beachtliches Plus kann Die Poesie des Unendlichen dank seiner Schauspielern für sich verbuchen. Mit Dev Patel und Jeremy Irons sind die Hauptrollen äußerst passend besetzt, vor allem der Engländer kann als Mittler zwischen klassischer und moderner Auslegung der Mathematik überzeugen. Seiner Figur kommt auch die detaillierteste Charakterentwicklung zugute. Der restliche Cast um Toby Jones (Captain-America 1&2, Harry Potter-Franchise) und Stephen Fry (Der Hobbit 2&3, V wie Vendetta) liefert Dienst nach Vorschrift ab, kann aber dennoch, wie die Hauptdarsteller auch, mit Herz und Spielfreude ein positives Gefühl vermitteln. Das dürftige Skript, das die großen Themen aus dem Leben Ramanujans, das Fremd sein in Bezug auf Herkunft und Intellekt sowie die Vereinbarkeit von Kunst, Glaube und Mathematik nur oberflächlich anreißt, wird dem allerdings in 114 Minuten ohne jegliche Spannungskurve nicht gerecht. 

5/10

Für Fans von: Die Entdeckung der Unendlichkeit, Forrester – Gefunden


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