Sonntag, 9. November 2014

Ein Kampf gegen Windmühlen







Im Labyrinth des Schweigens

Der deutsch-italienische TV- und Kurzfilmregisseur Giulio Ricciarelli gibt sein Kinodebüt mit einem Film über einen sehr wenig beachteten Aspekt der (West)deutschen Geschichte. Im Labyrinth des Schweigens zeigt am Beispiel des Anwalts Johann Radmann den Versuch einer wirklichen Entnazifizierung im Frankfurt der späten 50er Jahre. Mit dem Wissen um die Bürde der Geschichte ist es für ein jüngeres Publikum fast nicht zu glauben, mit welcher Vehemenz die Erinnerungen an den Holocaust damals zu ersticken versucht wurden. Aus dieser Grundprämisse zieht Im Labyrinth des Schweigens auch seine große Spannung. Die Sisyphusarbeit des jungen Anwalts und seiner Helfer wird überzeugend dargestellt. Dazu trägt auch das anschauliche Produktionsdesign bei, welches die Zeit vor über 50 Jahren glaubhaft abbildet. Dem langen Kampf gegen, mehr oder minder verheimlichtes, vergessen wollen, bildet allerdings auch die größte Schwäche des Films. Da sich Ricciarelli sehr auf den großen Zusammenhang konzentriert (der Film endet mit den Auschwitz-Prozessen von 1963), fehlt dem Zuschauer ein roter Faden, der die Handlung unweigerlich vorantreibt. Stattdessen sehen wir vielen Höhen und Tiefen der Ermittlungsarbeit, einen klaren Antagonisten jedoch nicht. Diese Gestaltlosigkeit wird allerdings nicht zu Gunsten einer mystischen Atmosphäre genutzt, vielmehr wird der geneigte Kinogänger wieder und wieder mit neuen Zeugen, Verdächtigten und KZ-Überlebenden konfrontiert. Die Arbeit von Johann Radmann und dessen Teams wir nach diesem Muster auch stets mittels Parallelmontagen inszeniert, die spätestens beim dritten Mal ermüden. Nichtsdestotrotz spricht Im Labyrinth des Schweigens mit viel Zeitkolorit ein Kapitel der Nachkriegszeit an, das mehr Aufmerksamkeit verdient hätte und ist nicht nur für Geschichtsfans interessant.

7/10

Für Fans von: JFK – Tatort Dallas, Das Urteil von Nürnberg

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen