Dienstag, 4. November 2014

Die stille Reise

The Cut

Abschluss der Liebe, Tod und Teufel-Trilogie des Hamburger Ausnahmeregisseurs Fatih Akin über den Genozid der Türken an den Armeniern im ersten Weltkrieg und dessen Folgen. Am Beispiel des Schmieds Nazaret, der sein misslungenes Töten mit dem Verlust der Stimme bezahlt, zeigt The Cut unmenschliches Elend und die hoffnungsvolle Suche nach hinterbliebenen Familienangehörigen. Fatih Akin schlägt im seinem Mammutwerk dabei einen Bogen über ein ganzes Jahrzehnt und schickt Nazaret auf eine Odyssee um die ganze Welt um seine Zwillingstöchter zu finden. In der berührendsten Szene des Filmes sehen wir, wie das Kino in seiner Frühphase den Vertriebenen Halt gibt. Charlie Chaplins Der Vagabund und das Kind wird in Aleppo gezeigt, die Menschen schöpfen für eine kleine Zeit Hoffnung auf ein besseres Leben. Auch Nazarets Suche nach seinen Kindern hat viel mit der des Vagabunden zu tun. Die Zwillinge scheinen immer gerade den Ort verlassen zu haben, an dem er auftaucht. Diese Reise durch viele Länder und Städte nutzt Akin filmisch hervorragend. Den breiten Landschaftaufnahmen und toll eingefangenen Straßenszenen im Osmanischen Reich, Kuba und den Vereinigten Staaten lassen die Leidenschaft der Filmemacher für dieses Projekt und deren Dreharbeiten rund um den ganzern Globus auf der Leinwand spürbar werden. The Cut kommt allerdings nicht ohne einige Schwachstellen aus. So basiert Nazarets Reise ausschließlich auf zufälligen Begegnungen mit Menschen aus seiner alten Heimat, die er stetig wieder trifft. Das Publikum wird so zwar mit großen Emotionen an der Stange gehalten, sonderlich glaubhaft macht dies den Film jedoch nicht. Alle Nebenfiguren werden damit nur zu dem Zwecke eingeführt, Nazaret auf seiner späteren Suche weiterzuhelfen. Die vielen Schauplatzwechsel mit den selben Szenenabläufen wirken auf Dauer recht ermüdend. Dazu zu ist The Cut voll an Pathos. Besonders die erste halbe Stunde wirkt fast wie eine Parodie auf ein perfektes Familienleben. Erst mit dem Verlust der Stimme des Hauptdarstellers wechselt auch der Ton des Films. So sehen wir am Ende einen teils lakonischen Mix aus klassischem Epos, Familiendrama und Western.

7/10



Für Fans von: Der Vagabund und das Kind

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