Fences
Es
ist ein Lebenswerk, das sich Denzel Washington vorgenommen hat
umzusetzen. Der hochdekorierte amerikanische Dramatiker August
Wilson schuf Anfang der 80er Jahre The Pittsburgh Cycle, in dem er
afro-amerikanisches Leben durch die Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts
begleitete. Alle 10 Stücke wurden seitdem am Broadway aufgeführt,
Fences, das die 50er Jahre darstellt, gewann bei seiner
Wiederaufführung 2010 drei Tonys. August Wilson hatte für diesen
Teil seines Zyklus bereits einen Pulitzer-Preis erhalten. Die
damalige Besetzung des Stücks schlägt nun den Bogen zur aktuellen
Verfilmung. Denn zwei der drei „Broadway-Oscars“ gingen an
Denzel Washington und Viola Davis, die nun auch die Hauptrollen in
der Kinoversion des Ehedramas innehaben. Doch Washingtons Ziel ist
jetzt, den gesamten Pittsburgh Cycle in die Kinos zu bringen. Als
Produzent, Regisseur und Darsteller in Personalunion legt der New
Yorker mit Fences den äußerst beachtenswerten Grundstein für
dieses Vorhaben. Washington verkörpert darin den offensiven aber auf
den zweiten Blick unsicheren Müllmann Troy Maxson, der auch in
seinen Fünfzigern noch mit Entscheidungen aus seiner Jugend hadert
und nun bei der Erziehung seiner beiden erwachsenen Söhne ins
Wanken gerät. An seiner Seite steht mit Viola Davis' Rose seine
treue Frau, die dem unsteten Charakter ihres Mannes entgegenwirkt
und im Gesamten klüger und weniger affektbetont handelt. Gemeinsam
mit beiden Kindern, dem Bruder Troys, einem Arbeitskollegen und
einer an dieser Stelle nicht benannten Figur beschränkt sich Fences
auf nur sieben relevante Sprechrollen. Ebenso das Setting des Films
unterstützt die Herkunft des Drehbuches aus einem Theaterstück.
Das Haus und der Garten der Troys sind nahezu alles, was wir auf der
Kinoleinwand zu sehen bekommen. Von einem Kammerspiel möchte ich
hier trotzdem nicht sprechen, zu agil ist die Szenerie, zu
alternierend die Dialogpartner. Trotz dieses inszenatorischen
Minimalismus versprüht Fences ein beeindruckendes Feeling für die
50er Jahre. Ausstattung und Kostüme sind absolut großartig
gestaltet, die Sprache (man sollte den Film wenn irgendwie möglich
im Originalton sehen) herrlich zeitgemäß. Trotz der ansehnlichen
Optik des Films bleiben Dialoge und Schauspiel die Herzstücke des
Streifens. Washington übernahm August Wilsons Wortwechsel (dieser
ist nun posthum für einen Drehbuchoscar nominiert) und schafft so
dank seiner Bühnenerfahrung gemeinsam mit Viola Davis ein
schauspielerisches Ereignis der Extraklasse. Jedes Wort, jede Geste
sitzt, einen besser Fusion aus Figur und Künstler wird man im
modernen Kino schwerlich finden. Hinter jedem Satz, nach jeder Minute
Spielzeit findet sich ein neues Puzzleteil, dass zur intensiveren
Charakterisierung von Troy Maxson und seiner Familie beiträgt. In
den ausgetragenen Konflikten bleibt viel verborgen und dringt nur
langsam an die Oberfläche. Mit weniger begabten Mimen hätten fast
zweieinhalb Stunden so zu einer echten Belastungsprobe werden
können, Denzel Washington und Viola Davis hingegen könnte man noch
tagelang zuschauen. Gemeinsam mit den gesellschaftlichen Umbrüchen
in der Rassenfrage, die langsam am Horizont aufziehen, ist Fences so
ein brillant gespielter, hochintelligenter Film geworden. Zu
kritisieren habe ich lediglich die etwas dick aufgetragenen
Zaunmetapher, die kein Zuschauer ein gutes Dutzend Male vorgekaut zu
bekommen braucht. Auch das spirituell aufgeladene Ende wäre nicht
unbedingt von Nöten gewesen. Sollte Denzel Washington die
Umsetzungen des Pittsburgh Cycles weiter vorantreiben und dann das
Niveau von Fences halten, so könnten die nächsten Jahre eine
absolute Hochzeit der Theaterverfilmungen werden.
8/10
Für
Fans von: Selma, Zeiten des Aufbruchs
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen