Donnerstag, 11. August 2016

Schweigsam, schnell & sehr, sehr sauer




Jason Bourne

Über das Für und Wider eines fünften Bourne-Films ließe sich vortrefflich streiten. Die ersten drei Streifen um den ehemaligen CIA-Auftragskiller mit Amnesie sind bahnbrechendes Agentenkino, das Actionfilme ins 21. Jahrhundert geholt hat. Nicht umsonst wird Jason Bourne seit dieser Zeit in einer Reihe mit James Bond genannt. Beide Reihen versuchten dann auch planlos die Stil- und Erzählmittel der jeweils anderen Saga zu kopieren, was in zwei eher enttäuschenden Filmen mündete (Ein Quantum Trost, Das Bourne Vermächtnis). Und so konnten sich Fans der ersten drei Bourne-Auskopplungen freuen, als bekannt gegeben wurde, dass Matt Damon unter der Regie von Paul Greengrass zum vierten Mal (Das Bourne Vermächtnis drehte sich um eine komplett losgelöste Geschichte, die zwar im selben filmischen Universum angelegt war, mit Jeremy Renner in der Hauptrolle aber nur mittelmäßig angenommen wurde) den Mann ohne Vergangenheit mimen würde. Schließlich wurde diesen beiden Filmschaffenden der Ruhm der Bourne- Filme angerechnet. Und so lässt Jason Bourne die alternative Storyline um Aaron Cross aus Teil 4 auch richtigerweise links liegen. Nach einem kurzen Flashback, der die wichtigsten Stationen der klassischen Trilogie abhandelt, wird der Zuschauer in eine 123minütige, atemlose Hetzjagd um den ganzen Globus geschickt. Angepeitscht vom treibenden Score des Hans Zimmer-Schützlings John Powell passiert Jason Bourne in seiner Dramaturgie pflichtbewusst Orte von derzeit weltpolitisch signifikanter Bedeutung. So sind die griechisch-mazedonische Grenze, Athen (die dort spielende Verfolgungsjagd inmitten einer Großdemonstration war für mich das Highlight des Streifens, auch wenn sie auf Teneriffa gedreht wurde), London oder Reykjavik Schauplätze des Agententhrillers. Angetrieben wird Bourne dabei von neuen Enthüllungen aus seiner Vergangenheit, die in ihm den Wunsch nach Vergeltung wecken. Und dieser Rache-Plot ist es dann auch, der den Zuschauer bei der Stange hält. Bourne, seine Verbündeten und Gegner entstammen aus einem gewachsenen Filmuniversum, wodurch die von Tommy Lee Jones, Alicia Vikander und Vincent Cassel verkörperten neuen Charaktere den Film wahrlich bereichern. Parallel dazu erzählt Paul Greengrass allerdings noch die Storyline um den Launch einer neuen Social Media- Plattform und dessen Gründer. Diese, von Nightcrawler-Star Riz Ahmed verkörperte Figur ist mitsamt des ganzen Handlungsbogen leider als störend für den Erzählfluss des Films anzusehen. Dem so erfolgreich und realistisch gestalteten dramaturgischen Minimalismus seiner eigenen, bisherigen Bourne-Filme, scheint Greengrass hier misstraut zu haben. Nichtsdestotrotz ist Jason Bourne unverkennbar ein Greengrass-Film. Seiner revolutionierten Art des schnellen Schnittes und der vitalen Kameraarbeit bleibt der Engländer treu und schafft es weiter wie kein zweiter mit diesem Stil weder Kopfschütteln noch Übelkeit beim Publikum auszulösen. Jason Bourne ist schlichtweg ein großartig inszenierter Film. Die Schauspielerriege mit den bereits erwähnten internationalen Topstars muss sich in keinsterweise aus ihrer Komfortzone entfernen, erfüllt aber in jeder Szene dank eines intelligenten Castings ihren Zweck. Aus deutscher Sicht erfreut mich die von Vinzenz Kiefer (Alarm für Cobra 11) verkörperte Nebenrolle eines Berliner Whistleblowers. Jason Bourne ist somit eine absolut würdige, hochspannende und überraschend kurzweilige Fortsetzung der Actionklassiker, die nur die Geradlinigkeit der ersten Teile vermissen lässt.

8/10

Für Fans von: Die Boune Identität, Die Bourne Verschwörung, Das Bourne Ultimatum

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