Donnerstag, 25. August 2016

Der Unterschied zwischen Rennpferd und Nutte




Collide
 
Um es direkt vorwegzunehmen: Das einzig wirklich bemerkenswerte an Collide ist dessen Entstehungsgeschichte. Eine deutsche Autobahn ohne Tempolimit scheint in den USA noch immer seltsame Gelüste zu wecken, weswegen Kult-Produzent Joel Silver (Matrix-Trilogie, Stirb langsam, Lethal Weapon) nach seiner Trennung von Warner als selbstständiger Produzent mit der Idee eines auf deutschen Autobahnen spielenden, international produziertem Actionfilm schwanger ging. Also schlug das Produktionsteam seine Zelte in Köln und Umgebung auf (hier sind Dreh- gleich auch Spielorte) und ließ Luxuskarossen über abgesperrte Straßen heizen. Das zunächst schlicht Autobahn betitelte Projekt wurde bereits vor zweieinhalb Jahren mit den damals relativ unbekannten Nachwuchsschauspielern Nicholas Hoult und Felicity Jones realisiert, die neben den Altmeistern Sir Ben Kingsley und Sir Anthony Hopkins agierten, welche für ihre schauspielerische Leistung in Collide sichtbar nur mit einer entsprechenden Gage zu motivieren waren. Seit dem Frühjahr 2014 haben sich die Karrieren der erstgenannten Akteure jedoch merklich verändert. Nicholas Hoult glänzte im Mega-Hit Mad Max: Fury Road und ist fester Bestandteil des erfolgreichen X-Men-Franchises, Felicity Jones erhielt inzwischen eine Oscarnominierung für Die Entdeckung der Unendlichkeit und wird im Winter in der Hauptrolle des Star Wars-Spinoffs Rogue One zu sehen sein. Dass Hoult und Jones derzeit für eine mitteleuropäische B-Movie- Produktion vor der Kamera stehen würden, ist also völlig undenkbar. Und mit den großen Namen der Mitwirkenden sollen die Stärken des Films auch schon benannt sein. Denn lediglich Freunde riesiger Absurditäten kommen bei Collide auf ihre Kosten. Dies ist zusätzlich schade, da die Idee, ein hirnloses Actiongewitter mit amerikanischem Geld und einer deutschen Crew (die Explosionsgenies von Action Concept – Alarm für Cobra 11 und Der Clown stammt aus deren Feder – sorgen für Stunts und Knalleffekte) nach einem gehörigen Spaß klingt. Doch leider nimmt Regisseur Eran Creevy seine unmotivierte Geschichte um Liebe und Treue in einem ausartenden Bandenkrieg viel zu ernst, um seinerseits ernst genommen werden zu können. Besonders deutlich wird dies in der ersten Hälfte des Films, die scheinbar nie endet. Figurenzeichnung und dramaturgisch ausgefeilte Hintergründe erwartet niemand, der diese Art von Filmen schätzt und dennoch dauert es geschlagene 45 Minuten, ehe die erste Actionszene den Kinobesucher vor dem Tiefschlaf rettet. Der verbleibende Rest der 100 Minuten Laufzeit darf, zumindest inszenatorisch, als einigermaßen unterhaltsam gelten. Doch leider kippt Collide gegen Ende dank eines völlig unsinnigen Schlusstwists in die Sphären einer Direct-to-DVD-Produktion, die Muster bekannter Kinofilme mangelhaft kopiert. Somit steht sich Collide ständig selbst im Weg und kann trotz eines gewissen Eskapismus (hier sei an die Rolle des 1. FC Köln gedacht, an Ben Kingsleys Figur des dauerkoksenden, türkischen Drogenhändlers und an das “Waffenrecht“ in NRW) mit seiner schwermütigen Grundstimmung schlicht nicht abliefern. Einen Hinweis möchte ich noch geben: Wer mit Collide zumindest eine unbeschwerte Zeit haben möchte, dem sei dringend zur deutschen Synchronfassung geraten. Den schrecklichen Sprachwust des Originaltons kann der Film selbst nicht erklären. Daher rate ich von dieser Fassung ab.

4/10

Für Fans von: Fast & Furious, Nur noch 60 Sekunden, Alarm für Cobra 11

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