Montag, 28. November 2016

Viele viele bunte Tiere




Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind

Wohl niemand hat ernsthaft daran geglaubt, dass nach 7 Büchern und 8 Filmen die Geschichten aus dem Harry Potter-Universum auserzählt wären. Zu groß ist die Verlockung von Studios, Verlegern und Investoren, zu groß jedoch auch die Fantasie der Erschafferin dieser Welt, J.K. Rowling. Nach dem gigantischen Erfolg ihres Theaterstücks Harry Potter and the cursed child, dass derzeit in London gespielt wird, schuf die Schriftstellerin ihr erstes reines Drehbuch. Doch Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind, wird kein einmaliges Werk bleiben. 5 Filme sind geplant, allesamt basierend auf einem gut 50 Seiten dünnen Sachbuch gleichen Namens, dass Rowling als Begleitheft zur Geschichte des berühmtesten Zauberlehrlings der Popkultur veröffentlichte. Da kann selbst Peter Jackson neidisch werden. Für alle diese Filme holte sich Rowling mit David Yates auch gleich den Regisseur der Harry Potter-Streifen 5-8 an Bord. Und ehe sich der Zuschauer versieht, beginnt Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind mit dem altbekannten Design und der berühmten Musik der Harry Potter-Saga. Doch der Übergang wird vollzogen, inhaltlich, musikalisch und auch optisch. Harry Potter oder andere (Haupt-)Charaktere, die dem Zuschauer bereits bekannt sind, treten im Verlauf der 133 Minuten Laufzeit nicht ins Zentrum des Geschehens. Naturgemäß werden viele Querverweise gemacht, Namen fallengelassen und Anspielungen gemacht, doch die breite Palette der handelnden Figuren ist zu Beginn unbekannt. Womit Stärken und Schwächen des Films auch schon benannt werden. New Scamander ist als Protagonist eine tolle Figur. Der Wächter über und Sammler der titelgebenden Wesen wirkt in seiner Darstellung von Oscarpreisträger Eddie Redmayne neugierig, bisweilen verspielt, aber immer geheimnisvoll und tiefgründig. Mit Dan Foglers (Milo und Mars, Taking Woodstock) Jacob Kowalski wird dem Zuschauer zusätzlich ein Charakter an die Hand gegeben, dessen einzige Aufgabe das Erfragen und somit Entdecken der magischen Welt ist. Diese unterscheidet sich, hauptsächlich durch die zeitliche und örtliche Verlagerung ins New York des Jahres 1926, in Vielem von der aus Hogwarts bekannten. Dazu ist das Casting der weiblichen Hauptrolle mit Katherine Waterston hervorragend gelungen. Doch mit jeder zusätzlich eingeführten Figur nimmt das Chaos auf der Leinwand seinen Lauf. Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind bekommt seine zahlreichen Handlungsstränge nie wirklich unter einen Hut. Natürlich soll hier eine ganze Filmwelt etabliert werden, doch die eigentliche Geschichte bleibt ständig unter einem ausufernden Überbau verborgen. In der ersten Stunde sind dies die vielfältigen tierischen Begleiter Scamanders, in der zweiten die vielen Charaktere und ihre Verwicklungen. Wenn im, zusätzlich aus zig Superheldenfilmen kopierten, Finale schließlich alles versucht wird zusammenzubringen, ist es dafür bereits zu spät. Ebenso zwiegespalten, wie der erzählerische Aspekt des Films, ist auch dessen optischer. Das 3D ist für eine Welt voller kriechender, schwimmender und fliegender magischer Kreaturen ein gewaltiges Plus. Zugleich ließ mich das erstaunlich schwache CGI reichlich verwundert zurück. Von einer 180 Millionen Dollar-Produktion hätte ich doch deutlich mehr technische Qualität erwartet. Im Vergleich zum hervorragend animierten Hippogreif Seidenschnabel aus Harry Potter und der Gefangenen von Askaban von 2004 scheinen hier keine 12 Jahre technische Entwicklung zwischen den Filmen zu liegen. Eine andere Fortentwicklung der Harry Potter- Filme hat hingegen ganz großartig funktioniert. James Newton Howard beerbte für Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind Altmeister John Williams als Komponist des Scores. Und dieser gelang in jeder Szene passend, wundervoll schwelgerisch und stets unterschwellig spannend und bedrohlich. Zusammenfassend fühlt man sich nach Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind wortwörtlich wie nach einem Zoobesuch. Es ist viel Geschehen, es gab viel zu Entdecken, doch man ist unter all den Eindrücken und den mannigfaltigen Wesen etwas erschlagen. Zu einem zweiten Besuch ist man allerdings gerne bereit. 

6/10

Für Fans von: Harry Potter 1-8, Der Hobbit, Die Chroniken von Narnia

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen