Montag, 21. November 2016

Mister Doctor?




Doctor Strange

Der als Stephen Strange menschlich geborene Superheld aus dem Marvel-Universum ist einer dessen mächtigster und langlebigster Vertreter. Seit dem großen Comicaufschwung Anfang der 1960er Jahre ist Doctor Strange fester Bestandteil vieler Geschichten rund um die Avengers, die X-Men und co. Filmisch dauerte es nun eine ganze Weile, ehe sich die Verantwortlichen des Marvel Cinematic Universe (MCU) dazu bereit sahen, den einflussreichen Zauberer in ein Leinwandabenteuer zu schicken. Die angesprochene Vielfältigkeit der Comicvorlagen geht Doctor Strange dabei natürlich abhanden (schon alleine, da sich das MCU fast nur auf die Mitglieder der Avengers konzentriert), doch Regisseur Scott Derrickson (Der Exorzismus von Emily Rose, Der Tage, an dem die Erde stillstand) liefert hier dennoch einen überraschend vergnüglichen und optisch beeindruckenden Origin-Film ab. Als Einzelabenteuer steht und fällt Doctor Strange natürlich mit seiner Hauptfigur. Dem großen Namen des Studios im Hintergrund ist es dann sicherlich zu verdanken, dass mit Benedict Cumberbatch ein Akteur für diese Rolle gecastet werden konnte, der zur Zeit auf dem Höhepunkt der international möglichen Popularität steht. Der britische Sherlock-Mime verdankt diese aber glücklicherweise seinem großen Talent und so begeistert Cumberbatch als arroganter Chirurg, der selbst den Tod nicht als Grenze seines Könnens begreift genauso, wie im weiteren Verlauf des Films als ungläubiger Zweifler und schließlich als cooler Actionheld. Dazu können auch alle Nebendarsteller als Gewinn für das MCU gelten. Allen voran begeistert Leinwandikone Tilda Swinton als Stranges Mentorin in jeder ihrer Szenen. Dazu zeigen auch Mads Mikkelsen, Chiwetel Ejiofor und Rachel McAdams, warum sie sonst im dramatischen Fach beheimatet sind. Mit Benjamin Bratt und Michael Stuhlbarg sind auch kleinere Rollen noch prominent besetzt. Trotz des gelungenen Castings, ist Doctor Strange vor allem ein optischer Genuss. Regisseur Derrickson lässt seiner Fantasie genüsslich freien Lauf. Das Ergebnis ist eine knallbunte, aber stets in sich stimmige Aufmachung, irgendwo zwischen Matrix, 2001: Odyssee im Weltraum und Inception. Spätestens im herrlich innovativen Finale, in dem die Zeit rückwärts läuft, dürften auch größte Gegner des Popcornkinos nicht schlecht staunen. Dass Doctor Strange letztendlich doch nur ein durchschnittlich guter MCU-Film wurde, liegt dann eher an Drehbuch und Figurenzeichnung. Erneut wurde es nicht geschafft, einen spannenden Antagonisten in den Film zu integrieren. Das Motiv des ehemaligen Schülers, des ehemaligen Bruders im Geiste, der die geheimnisvollen erlernten Mächte für das Böse nutzen möchte, lockt im Jahre 2016 niemanden mehr hinterm Ofen hervor. Mads Mikkelsen ist dabei keine Schuld zu geben, doch die Suche nach ewigem Leben und der Überwindung von Zeit und Naturgesetzen hat man schlicht zu oft gesehen. Auch das Passing des Films lässt an manchen Stellen zu wünschen übrig. Doctor Strange lässt sich viel Zeit mit der Erkundung seiner Figuren und dem spirituellen Unterbau, springt dann aber doch recht hektisch in den dritten Akt und das große Finale. Hier hätte man die 115 Minuten Laufzeit sinnvoller aufteilen können. Was hingegen nicht auf der Strecke bleibt und womit nach den ersten Trailern nicht wirklich zu rechnen war, ist jede Menge trockener Humor. Doctor Strange ist natürlich nicht vordergründig als Actionkomödie angelegt, wie etwa Guardians of the Galaxy oder Ant-Man, kann aber mit vielen erstaunlich treffsicheren Pointen aufwarten. Alles in allem stößt Doctor Strange nirgendwo an und ist sehr gut konsumierbar. Die Auswirkungen auf die Figurenkonstellation im MCU bleiben hingegen abzuwarten. 

7/10

Für Fans von: Iron Man, Inception

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen