Doctor
Strange
Der
als Stephen Strange menschlich geborene Superheld aus dem
Marvel-Universum ist einer dessen mächtigster und langlebigster
Vertreter. Seit dem großen Comicaufschwung Anfang der 1960er Jahre
ist Doctor Strange fester Bestandteil vieler Geschichten rund um die
Avengers, die X-Men und co. Filmisch dauerte es nun eine ganze Weile,
ehe sich die Verantwortlichen des Marvel Cinematic Universe (MCU)
dazu bereit sahen, den einflussreichen Zauberer in ein
Leinwandabenteuer zu schicken. Die angesprochene Vielfältigkeit der
Comicvorlagen geht Doctor Strange dabei natürlich abhanden (schon
alleine, da sich das MCU fast nur auf die Mitglieder der Avengers
konzentriert), doch Regisseur Scott Derrickson (Der Exorzismus von
Emily Rose, Der Tage, an dem die Erde stillstand) liefert hier
dennoch einen überraschend vergnüglichen und optisch
beeindruckenden Origin-Film ab. Als Einzelabenteuer steht und fällt
Doctor Strange natürlich mit seiner Hauptfigur. Dem großen Namen
des Studios im Hintergrund ist es dann sicherlich zu verdanken, dass
mit Benedict Cumberbatch ein Akteur für diese Rolle gecastet werden
konnte, der zur Zeit auf dem Höhepunkt der international möglichen
Popularität steht. Der britische Sherlock-Mime verdankt diese aber
glücklicherweise seinem großen Talent und so begeistert
Cumberbatch als arroganter Chirurg, der selbst den Tod nicht als
Grenze seines Könnens begreift genauso, wie im weiteren Verlauf des
Films als ungläubiger Zweifler und schließlich als cooler
Actionheld. Dazu können auch alle Nebendarsteller als Gewinn für
das MCU gelten. Allen voran begeistert Leinwandikone Tilda Swinton
als Stranges Mentorin in jeder ihrer Szenen. Dazu zeigen auch Mads
Mikkelsen, Chiwetel Ejiofor und Rachel McAdams, warum sie sonst im
dramatischen Fach beheimatet sind. Mit Benjamin Bratt und Michael
Stuhlbarg sind auch kleinere Rollen noch prominent besetzt. Trotz
des gelungenen Castings, ist Doctor Strange vor allem ein optischer
Genuss. Regisseur Derrickson lässt seiner Fantasie genüsslich
freien Lauf. Das Ergebnis ist eine knallbunte, aber stets in sich
stimmige Aufmachung, irgendwo zwischen Matrix, 2001: Odyssee im
Weltraum und Inception. Spätestens im herrlich innovativen Finale,
in dem die Zeit rückwärts läuft, dürften auch größte Gegner
des Popcornkinos nicht schlecht staunen. Dass Doctor Strange
letztendlich doch nur ein durchschnittlich guter MCU-Film wurde,
liegt dann eher an Drehbuch und Figurenzeichnung. Erneut wurde es
nicht geschafft, einen spannenden Antagonisten in den Film zu
integrieren. Das Motiv des ehemaligen Schülers, des ehemaligen
Bruders im Geiste, der die geheimnisvollen erlernten Mächte für
das Böse nutzen möchte, lockt im Jahre 2016 niemanden mehr hinterm
Ofen hervor. Mads Mikkelsen ist dabei keine Schuld zu geben, doch
die Suche nach ewigem Leben und der Überwindung von Zeit und
Naturgesetzen hat man schlicht zu oft gesehen. Auch das Passing des
Films lässt an manchen Stellen zu wünschen übrig. Doctor Strange
lässt sich viel Zeit mit der Erkundung seiner Figuren und dem
spirituellen Unterbau, springt dann aber doch recht hektisch in den
dritten Akt und das große Finale. Hier hätte man die 115 Minuten
Laufzeit sinnvoller aufteilen können. Was hingegen nicht auf der
Strecke bleibt und womit nach den ersten Trailern nicht wirklich zu
rechnen war, ist jede Menge trockener Humor. Doctor Strange ist
natürlich nicht vordergründig als Actionkomödie angelegt, wie etwa
Guardians of the Galaxy oder Ant-Man, kann aber mit vielen
erstaunlich treffsicheren Pointen aufwarten. Alles in allem stößt
Doctor Strange nirgendwo an und ist sehr gut konsumierbar. Die
Auswirkungen auf die Figurenkonstellation im MCU bleiben hingegen
abzuwarten.
7/10
Für
Fans von: Iron Man, Inception
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