Tschick
Nach
seinem Mammutprojekt The Cut aus 2014 verkündete Fatih Akin eine
Schaffenspause einzulegen. Das Finale seiner Liebe, Tod und Teufel –
Trilogie blickte auf eine mehrjährige Produktionsphase,
Dreharbeiten in 5 Ländern und 3 Kontinenten zurück und konnte
Kritik und Publikum dennoch nur vorsichtig begeistern. Für seinen
„Comeback“-Film drehte Akin den Spieß nun um. Mit geringem
Aufwand aber viel Herzblut schuf er Tschick in nur 8 Wochen und
drehte hauptsächlich in der ostdeutschen Provinz. Akin selbst ist
aber viel zu sehr Profi, als das er Tschick zur offensichtlich
leichten Fingerübung verkommen lassen würde. Das melancholische,
wahrhaftige und herrlich verschrobene Roadmovie kann mit tollen
Jungdarstellern und jeder Menge Abenteuerlust überzeugen. Tschick
ist der Name eines Russlanddeutschen, der den schüchternen
14jährigen Maik aus der Reserve lockt und ihn zu einem Trip in
einem geklauten Lada überredet. Während der Film als Teeniekomödie
beginnt und schon da mit intelligenten und feinen Beobachtungen
begeistert, regieren im Verlauf der 93 Minuten Laufzeit klassische
Coming-of-Age-Themen. Der unbedingte Freiheitswille, das Entdecken
von wahrer Freundschaft und Liebe sowie das gespaltene Verhältnis
zur eigenen Familie werden hier klischeefrei thematisiert. Dass
Tschick nie ins fantastische abdriftet, darf man vor allem auch den
tollen Schauspielern anrechnen. Hauptdarsteller Tristan Göbel
konnte bereits in Winnetous Sohn und der Rico und Oskar- Reihe
Filmerfahrung sammeln, doch für Anand Batbileg in der titelgebenden
Rolle ist Tschick sein erster Leinwandauftritt. Die Chemie zwischen
beiden ist hervorragend, mit Anja Schneider, Uwe Bohm und
Nachwuchsstar Mercedes Müller sind zudem noch bekanntere Geschichte
aus der deutschen Film- und TV-Landschaft zugange. Was Tschick zum
wirklichen Instant-Hit fehlt, ist jedoch die Konstanz. Die Produktion
ist durchweg hochwertig, doch inszenatorische Feinheiten, die die
erste Hälfte des Films so temporeich und unterhaltsam machen,
findet man gegen Ende des Streifens nicht mehr. Hier verlässt sich
Akin dann zu sehr auf sein zwar umkämpftes (der gleichnamige
Bestseller aus 2010 mit 2,2 Millionen verkauften Exemplaren gewann
nicht nur den Deutschen Jugendliteraturpreis sondern ging auch durch
viele Hände, bevor Fatih Akin mit der Arbeit beginnen konnte) aber
auch vorhersehbares und etwas beliebiges Drehbuch. So wird Tschick
sicher kein Kino-Dauerbrenner werden, aber ein weiteres
Ausrufezeichen in einer an außergewöhnlichen Werken nicht armen
Regisseursbiografie.
7/10
Für
Fans von: About a girl, Knockin' on heavens door
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