Freitag, 28. Oktober 2016

Solomon Grundy, geboren am Montag




The Accountant

An dieser Stelle möchte ich mich als Ben Affleck-Fan outen. Seine großen filmischen Entgleisungen wie Gigli, Pearl Harbor oder Daredevil liegen lange zurück, seine Regiearbeiten (Gone Baby Gone, The Town und Argo) wurden stetig besser, seine Rollenauswahl in Filmen wie To the Wonder oder Gone Girl immer ausgewogener. Selbst in Batman v Superman war er der Lichtblick am düsteren DC-Horizont. Und so verwundert es nicht, dass ein Schauspielensemble, angeführt von Ben Affleck ein durchwachsenes Drehbuch mithilfe eines begabten Regisseurs in einen guten und unterhaltsamen Actionthriller retten kann. Der Kalifornier überzeugt als titelgebender Buchhalter Christian Wulff mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Beeindruckende mathematische Kenntnisse verdankt er einer Inselbegabung seiner Autismuserkrankung, Kampf- und Schießkunst der militärischen Ausbildung seines Soldatenvaters. Als sozial überforderte aber hochgezüchtete Denk- und Kampfmaschine wandelt Affleck nun stoisch, verschmitzt und unberechenbar durch 128 Minuten Handlung. In diese mischen sich bald Steuerfahnder, Mafia-Clans, korrupte Firmenbosse und Privatarmeen. Die erste Hälfte des Films ist dabei die weitaus interessantere, da die vielen Schauplätze und Gesichter positioniert werden wollen und sich die betuliche Erzählweise fördernd für die unterschwellig brodelnde Spannung auswirkt. Mit zunehmender Spieldauer kann das Script die losen Enden des Streifens aber immer schlechter zusammenhalten. Da werden Figuren aus den Augen verloren und Storylines dilettantisch oder erst gar nicht zu Ende gebracht. Im Gegensatz zu den einzelnen Charakteren und den mysteriös und mit viel schwarzem Humor inszenierten Einzelszenen kann Warriors-Regisseur Gavin O'Connor die Geschichte in The Accountant nicht vollständig überzeugend an den Mann bringen. Verlassen kann sich der New Yorker Filmemacher allerdings auf einen namhaften und Spielfreudigen Cast. Der bereits angesprochene Ben Affleck agiert geheimnisvoll und nuancenreich. Die Motivation seiner Figur zu ergründen, hält den Zuschauer bei Laune. An seiner Seite darf Anna Kendrick (Pitch Perfect, Up in the Air) als klassische Damsel in Distress ihre herzliche Schrulligkeit präsentieren und Jon Bernthal (Sicario, Herz aus Stahl) als redegewandter Elitekämpfer für wohlige Bedrohung sorgen. In den Nebenrollen versammelt The Accountant geballte Leinwanderfahrung. John Lithgow (Interstellar, Dexter), Jean Smart (24, Fargo), Jeffrey Tambor (Hangover, Arrested Development) und Oscarpreisträger J.K. Simmons (Whiplash, Juno, Burn after Reading) spielen allesamt mit Elan auf und sorgen für viel Präsenz. Ein weiteres Lob möchte ich an dieser Stelle noch für den epischen Streicherscore vom Kult- Trompeter und Arbeitstier Mark Isham aussprechen. Man kann The Accountant schlussendlich ankreiden, nicht noch besser geworden zu sein. Ein andersartiger und kurzweiliger Thriller ist er dennoch. 

7/10

Für Fans von: Killing me softly, Good Will Hunting, A History of Violence

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